anbaggernNach Jahren der Abstinenz hat mich ein guter Freund überredet wieder zumindest einmal die Woche richtig auszugehen. Das letzte mal als ich unterwegs war hieß der Club noch Disco und die Lounge Schmuseecke. Aber mein Freund hatte recht, man muss auch mal raus. Demütig erbat ich die Erlaubnis meiner Frau, bekam ein paar Peinlichkeitssperrzonen von meiner Tochter (auf Google-Maps markiert) und dann war es soweit. Nachdem sowohl Christian als auch ich nicht dumm sind (er ist wenigstens Single) haben wir uns eine sogenannte 70s, 80s, & 90s-Night ausgesucht. Zu jung sollten die anderen BesucherInnen auch nicht sein, denn wir wollten ja nicht wie Väter wirken, die ihre Kids abholen.

Ehe als Flirtwerkzeug

Also, wir lässig runter in die Location und Augen auf. Und tatsächlich, ein Event bei dem viele nette Menschen waren, vor allem auch ausreichend weibliche, und gute Musik. Irgendwann im Laufe des Abends passierte das Unvermeidliche und ich kam mit ein paar Damen ins Gespräch, weil sie perfekte Charakterzüge und hohen Intellekt ausstrahlten. Alle sechs Damen waren entweder verheiratet, verlobt oder vergeben, was mich schon etwas überraschte. Denn sie waren alle ohne ihre entsprechenden Partner vor Ort. Nachdem ich auch noch von meiner Frau und meinen Kindern erzählt hatte, begann der Abend so richtig entspannt zu werden. Ich hätte auch nie geglaubt, dass der Satz: »Ich habe eine wundervolle attraktive Frau, zwei Kinder und bin über vierzig.«, in Wahrheit perfekt ist, um mit Frauen völlig entspannt und fröhlich ins Gespräch zu kommen. Und so wurde es immer lustiger.

Aber die eigentliche Show begann erst. Nachdem ich scheinbar der einzige Mann war, an dem die Damen unschuldigen Gefallen fanden, sah es für alle anderen so aus, als wäre hier ein Mann mit fünf Begleiterinnen zu viel. Und im Laufe des Abends wurde ich Zeuge und Mitleidender bei den pathetischen Versuchen anderer Männer die sechs Damen anzuflirten. Wobei »anflirten« ein noch viel zu netter Begriff ist. Es ist kein Wunder, dass wir für den gleichen Vorgang immer öfter das Wort »anbaggern« verwenden, denn das passt viel besser. Bei ihren verzweifelten Versuchen eine der Damen für sich zu gewinnen, bewiesen viele der Kandidaten ähnliche Grazie wie ein massiver Bulldozer, der mit roher Gewalt riesige Erdlöcher aushebt in denen er sich aber dann am besten meist selbst vergraben sollte. Das war alles so peinlich, dass ich im Laufe des Abends für eine Dame den Bruder, eine Zweite den Verlobten, eine Dritte den Freund und eine Vierte den Ehemann spielen musste, um sie vor hormongesteuerten männlichen Artgenossen zu schützen. Zugegebenermaßen verlor ich einmal kurz den Überblick und einer der Anbaggerer war leicht irritiert als ich mich als der Bruder von Kerstin vorstellte, sie mich aber kurz davor als ihren großartigen Lover bezeichnet hatte.

Männer – eine Peinlichkeit

Nun, ich bin ja nicht der Flirtmeister, aber nach den niederschmetternden Peinlichkeiten die ich an diesem Abend beobachten musste hätte ich ein paar Anmerkungen. Ein Mann, der mit zwei Drinks in der Hand sich an eine Frau rantorkelt und dabei den denkwürdigen Spruch »Willst du einen Strohhalm zum trinken oder gleich meinen anfassen?« loslässt, muss Optimist sein – oder einfach  nur blöd. Und glaubt wirklich irgendein Mann, dass die völlig zufällig auf dem Oberschenkel gelandete Hand gemischt mit Alkohol- und Zigarettenatem für eine Frau unwiderstehliche Erotik darstellt? Und zum Abschluss noch eine harte Wahrheit. Nur wer wie Antonio Banderas in seine besten Zeit aussieht und sich wie ein Tanzgott bewegt wirkt cool, wenn er von hinten an eine Frau rantanzt und seine Hüften in strategischen Einklang mit denen der Auserwählten bringt. Bei dem Rest von uns Sterblichen wirkt das alles nur peinlich.

Was ihr glaubt mir das nicht? Na dann macht das nächste mal folgendes: wenn ihr der Meinung seid ihr fühlt euch besonders cool und bewegt euch wie ein Rythmus-Gott bittet einen Freund euch mit dem Handy aufzunehmen. Und dann geht am nächsten Tag ins Büro, ruft alle Kolleginnen, Kollegen und Chefs zusammen, werft den Beamer an und lasst die Show beginnen.