Aufbau eines Comedy ProgrammsWarnhinweis für KabarettistInnen: In dieser Serie von Beiträgen geht es um den Aufbau eines Comedy Programms. Es geht nicht um Kabarett. In den letzten Jahren hatte ich das Vergnügen viele KabarettistInnen kennen gelernt zu haben und dabei habe ich auch viel gelernt. KabarettistInnen sind zu aller erst mal KünstlerInnen, die von der Bühne aus nicht unterhalten, sondern belehren, predigen und bewegen wollen. Möglichst frontal, ohne Interaktion mit den ZuseherInnen. Sie haben zu Politik, Wirtschaft und Sozialem einen Standpunkt, nämlich den einzig richtigen. Das ist auch gut so.

Comedians belehren, predigen und unterrichten nicht

Als Comedian will ich weder belehren noch unterrichten. Wie soll ich auch? Ich bin kein Experte in Wirtschafts- und Sozialfragen, kein Wissenschaftler in Biologie, Neurologie und vielem mehr. Daher erhebe ich auch keinen Anspruch Menschen belehren oder bekehren zu wollen. Das überlasse ich Politik, Kirche und anderen selbsternannten Visionären. Ich will unterhalten. Ich spreche über die alltäglichen Dinge des Lebens und gestehe dabei auch noch oft ein, dass ich selbst dabei von der Komplexität unserer Welt überfordert werde.

Wenn ich also jetzt über den Aufbau eines Comedy Programms, oder wie wir es nennen, eines Comedy-Sets, schreibe, dann mit dem primitiven Ziel damit Menschen zum Lachen zu bringen, sie aus dem täglichen Wahnsinn zu entführen und sie hoffentlich großartig gelaunt wieder in die Welt zu entlassen. Mehr will ich nicht.

Ein Comedy Programm zu erstellen funktioniert ähnlich, wie der Aufbau einer Ziegelmauer. Die Witze, bzw. Gags, sind die einzelnen Steine und werden sorgfältig einer auf den anderen gesetzt. Es ist einfacher zuerst einmal eine einfache niedrige Mauer zu bauen als eine komplette Villa mit sieben Schlafzimmer. Deswegen beginnt man im Comedy-Geschäft üblicherweise zuerst mit einem kurzen Set und arbeitet sich dann über längere Sets zu einem ganzen Solo-Programm vor. Zu den verschiedenen Sets und wo man sie braucht komme ich dann in einem weiteren Blogbeitrag.

Die Comedy-Währung: LPM (Lacher pro Minute)

Während das Kabarett angeblich immer nach einem „roten Faden“, also einer Geschichte, verlangt, die sich über die Pointen und Gags spannt, ist das bei Comedy nicht so. Vor allem in den Unterhaltungs- und Comedy-Hochburgen des angelsächsischen Bereichs, hat sich die Kunst der Comedy-Performance im Laufe des letzten Jahrhunderts stark verändert. Ursprünglich war Comedy dort auch eine Art des pointierten Geschichtenerzählens, aber moderne Stand-Up Comedians haben das Geschäft mit kurzen Set-Ups und schnellen Pointen-Serien massiv verändert. Im Comedy-Geschäft zählt nur eine Währung: LPM (Loughs per Minute – Lacher pro Minute).

Roter Faden? Ja oder Nein

Kurze Auftrittszeiten, Segmentierung von TV-Formaten wegen Werbepausen und immer schnellere Schnitte in TV, Kino und Musikvideos, haben das Publikum an Abfolgen von Inhalten ohne großen Bogen gewöhnt. Im Gegenteil, vor allem Menschen unter 50 erwarten in zwischen ein gewisse Grundschnelligkeit und Abwechslung, wenn es um Unterhaltung geht. Es ist also völlig in Ordnung, wenn Comedians zwischen kurze Gag-Sets thematische Sprünge vollziehen. Auch ohne irgendwelche konstruierte Überleitungen oder peinlich verkrampfte Erklärungen.

Aber, und es gibt ja immer ein „aber“, nur weil man auch so Erfolg haben kann, heißt das ja nicht, dass ZuhörerInnen nicht noch mehr Spass an jenen Comedians haben, die ihr Material sehr wohl in einer logischen und nachvollziehbaren Reihenfolge präsentieren. Im Gegenteil, wirklich erfolgreiche Comedians heben sich aus der Masse ab, weil sie es schaffen ihre Gag-Sets mit einem „roten Faden“ zu präsentieren.

Bevor wir also jetzt beginnen ein erstes Comedy-Set zusammen zu stellen, möchte ich mich im nächsten Beitrag zu dieser Serie mit den verschiedenen Techniken befassen, mit denen man Gags inhaltlich verbinden und zusammenfassen kann.