AugenkontaktIst Augenkontakt wirklich so wichtig? Ob es uns gefällt oder nicht, gute nonverbale Kommunikation ist bei einer Rede, einem Vortrag oder eine Präsentation oft entscheidender als Worte und Fakten. Zu den Faktoren der nonverbalen Kommunikation zählen Mimik, Gestik, Körperbewegungen und vor allem Augenkontakt. In einem anderen Blogbeitrag habe ich schon einmal detailliert über das Thema Augenkontakt geschrieben. Dazu habe ich einige Anfragen bekommen, wie es den physisch möglich sei, mit einem ganzen Publikum Augenkontakt zu halten? Natürlich kann man während eines Auftritts nicht permanent mit allen ZuhörerInnen Augenkontakt halten, aber es gibt Methoden diesen Eindruck zu wecken.

  • Suche dir Anker

    Schon im letzten Beitrag zum Thema Augenkontakt habe ich beschrieben, wie man sich schon vor einem Auftritt „Verbündete“ im Publikum sucht. Diese Menschen können dann während der Rede zu Ankerpunkten des Blickkontakts werden. Sieh diese Menschen während der Rede immer wieder direkt an. Verweile pro Gesicht ein paar Sekunden. Wenn du zu schnell weiterspringen wirkst du gehetzt. Wenn du Glück hast, sitzen, bzw. stehen, diese Menschen schön verteilt im Raum. So könntest du schon allein mit dieser Methode weite Teile des Publikums einbinden. Wechsle die Person die du anblickst passend zur Rede, also z.B. bei einer Pause, einem Gedankenwechsel oder zur Betonung eines bestimmten Inhalts.

  • Teile das Publikum in Sektoren auf

    Unterteile das gesamte Publikum vor deinem geistigen Auge in vier bis sechs Sektoren (abhängig von der Größe des Veranstaltunsorts). Versuche während deines Auftritts immer wieder den Blick in diese Sektoren zu richten. Verweile auch da jeweils ein paar Sekunden oder auch ein bis zwei Sätze im jeweiligen Bereich. Versuche auch die Reihenfolge der Sektoren in der du sie mit den Augen abtastest sinnvoll zu ändern. Du kannst z.B. zuerst den Blick über die vordersten Reihen von links nach rechts. Dann rechts von vorne nach hinten und links wieder zurück schweifen lassen. Am Anfang ist das vielleicht ungewohnt, aber mit ein bisschen Übung wirst du dabei völlig natürlich wirken. Je nach Raumsituation musst du darauf achten, dass du bei Kopfdrehungen den Mund nicht zu weit vom Mikrofon wegbewegst. Du solltest auch die Momente des Blickwechsels gut wählen. Es ist nicht so sinnvoll während eines Satzes, bzw. Gedankens, wie verrückt den Kopf zu bewegen. Aber, der Wechsel des Blicks kann eine Pause, einen bestimmten Punkt, oder auch einen Gedanke betonen und abgrenzen.

  • Augenkontakt gibt Feedback

    So wichtig es ist, dass die ZuhörerInnen über Augenkontakt Kompetenz, Ehrlichkeit und Selbstsicherheit des Redners bewerten können, so wichtig kann Augenkontakt für den Redner selbst sein, um ein Gefühl für die Stimmung im Publikum zu bekommen. Gesichter und Körpersprache der Menschen spiegeln ihre momentane Stimmung und ihr Befinden wieder. Ihre Blickrichtung, ihre Haltung und ihr Gesichtsausdruck sind klare Indikatoren, ob die Kommunikation funktioniert. Das Verhalten des Publikums kann dem Redner zeigen, dass er oder sie gerade alles richtig oder vieles falsch macht. Wenn aus der Mehrheit der Gesichter absolute Verwirrung spricht, dann solltest du darauf reagieren und versuchen bestimmte Punkte noch einmal anzusprechen und zu erklären. Wenn Leute gähnen, ihnen der Speichel aus den Mundwinkel rinnt, schnarchen und auch schon den Saal verlassen, dann steckst du in massiven Problemen. Auf der anderen Seite, wenn Menschen zustimmend nicken, vorgebeugt lauschen und dich mit ihren Augen fixieren, dann bist du auf dem Weg zu einem großen Redeerfolg. Also nutze den Augen- und Blickkontakt um während deines Auftritts instant Feedback zu bekommen.

  • Der Blick ins schwarze Loch

    Leider kommt es immer wieder vor, dass die Beleuchtung eines Podiums, einer Bühne oder eines Rednerpults, den Redner vollkommen blendet. Die Beleuchtungssituation hängt von vielen Faktoren ab: braucht man TV-Licht, ist der Raum hoch oder niedrig, sind es LED oder klassische Scheinwerfer, von wo und in welchem Winkel strahlen sie auf den Redner? Umso wichtiger ist es, die Beleuchtungssituation vor dem Auftritt unter „Echt-Bedingungen“ zu testen. Für ungeübte Redner ist es am Anfang sehr schwer sich daran zu gewöhnen, dass vor einem ca. 300 Menschen sitzen, man aber nicht einmal die zweite Reihe sieht. Das Publikum ist also in einem schwarzen Loch verschwunden. Trotzdem muss man Augenkontakt herstellen – obwohl das eine einseitige Angelegenheit wird. Wenn man sich vor der Veranstaltung den Raum angesehen hat und noch selbst die Anzahl der ZuschauerInnen, und wo im Raum sie sitzen, gecheckt hat, dann sollte das kein Problem sein. Einfach selbstsicher in die Richtung blicken, wo die Menschen sitzen und so agieren, als würde man in ihre Augen blicken. Kleiner Tipp: Wenn es eine Galerie oder einen Balkon gibt, unbedingt prüfen ob jemand dort oben sitzt. Es wirkt ziemlich blöd wenn man nie aufblickt und es sitzt wer da oder immer wieder aufblickt obwohl gar niemand dort ist.

Wie bei jeden Handwerk gilt auch in der Rhetorik: Vorbereitung und Übung machen den Meister. Sieh dir die Location an, misch dich unter die eintreffenden Gäste und halte während deines Vortrags Augenkontakt