Wie kommt man also zu Material, das man als Humorschreiber, Comedian und Autor verarbeiten kann? Ein Weg ist der radikale Selbstversuch. Ich befinde mich gerade in einem solchen. Vor ein paar Monate habe ich wieder einmal meine Vorschreibung für meine Kammerumlage bei der Österreichischen Wirtschaftskammer bekommen. Das ist also jene Organisation, in der ich gegen meinen Willen und ohne jeglichen Nutzen, zum Zwangsmitglied gemacht wurde (nur weil ich arbeite und Wert schaffe) und die mir jeden Tag mehrere Tausend Postwurfsendungen für die Altpapiersammlung schickt. Für jene LeserInnen die nicht gelernte ÖsterreicherInnen sind muss man das Konzept vielleicht erklären: Das, was bestimmte Organisationen in anderen Ländern unter dem Brand und Marke „Schutzgelderpressung“ machen, dass übernehmen bei uns die so-genannten Sozialpartner. Vollzogen wird die Eintreibung der Zwangsabgaben von der staatlichen Bürokratie.

Ich schulde der WKO laut Zahlschein 842.- Euro Jahresumlage. Wofür kann niemand erklären. Wobei man ja schon beeindruckt zugeben muss, dass dieser Betrag wahrscheinlich nicht einmal die Druckkosten der WKO-Postwurfsendungen der vergangenen Woche mit den schönen Bildern von den Funktionären decken würde. Ganz zu schweigen von den Tageskosten der Luxuslimousinen mit denen die Herren und Frauen Präsidenten ganz wichtig quer durch Österreich düsen um……na ja, um wichtig zu wirken. Na egal, ich habe persönlich die Schnauze voll. Während Millionen von ehemaligen Finanzministern, Beratern, ehemaligen Politikern unverfroren verschoben, gestohlen und veruntreut werden – geduldet von einer offensichtlich unfähigen Justiz und Behörden – soll ich all das mit immer absurderen Gebühren und Zwangsabgaben finanzieren.

Nachdem ich bisher für die letzten mehr als zehn Jahre Kammerumlage nichts bekommen habe, möchte ich diesmal auch was davon haben. Zumindest gutes Material für zukünftige Gags für meine Shows in Österreich und Deutschland. Deshalb habe ich auch alle Mahnungen ignoriert und jetzt ein Schreiben der Magistratsabteilung 6 bekommen mit einer Vollstreckungsverfügung. Ich habe gleich dort angerufen, um mit der zuständigen Dame, Frau Hubmann (übrigens sehr nett und geduldig), einen Termin für die Vollstreckung auszumachen. Ich möchte zu dem Termin ja mein Kamerateam und alles bereit haben, um das alles zu dokumentieren.

Gelinde gesagt war die Dame ein wenig überrascht, dass jemand anruft um gleich einen fixen Pfändungstermin zu vereinbaren. Ich habe versucht mit ihr den dramatisch korrekten Ablauf zu besprechen. Meine Idee war, dass ich – des Effekts wegen – mehrere nicht so teure Dinge zur Pfändung anbiete, damit man eine coole Einstellung drehen kann in der der Gerichtsvollzieher alle Hände voll, schallend und sinister lachend, aus der Wohnung kommt. Ich habe gemeint es wäre gut, wenn jemand kommt und mir meinen Flachbildschirm von der Wand schraubt, während ich mit Tränen in den Augen schluchzend daneben stehe. Am Bildinsert steht dann: Verzweifelt und von der Wirtschaftskammer in den Ruin getrieben. Ich habe das Video schon vor meinen Augen. Meine Kinder werde ich in Lumpen gekleidet, mit einem harten Stück Brot in der Hand, in den Hintergrund stellen, um das Ganze mit dem richtigen dramatischen Effekt zu versehen. Und dann ab mit dem Material zu RTL um zu zeigen, was auch in Europa noch möglich ist.

Fortsetzung folgt!

Frau Hubmann war sich jetzt wohl nicht mehr ganz sicher, ob ich zurechnungsfähig bin, aber das ist sich meine Frau auch selten. Sie hat mir dann geduldig erklärt, dass jemand kommen wird um Dinge zu schätzen und dann wird erst mal noch eine Plakette drauf geklebt. Und dann gibt es noch eine weitere Zahlungsfrist. Ich war bereit die Frist zu überspringen, denn der dramatische und komödiantische Effekt von Aufklebern ist jetzt wirklich nicht so groß. Aber auch da ist die Bürokratie einfach nicht flexibel genug.

Ich habe also meine mobile Telefonnummer bei der MA 6 hinterlassen, damit man mich jederzeit erreichen kann und ich auch rechtzeitig informiert werde, wenn es soweit ist. Wie soll ich denn sonst meine Kinder entsprechend stylen? Mir bleibt jetzt also nichts anderes übrig, als auf die Frau oder den Mann mit den Aufklebern zu warten.

Aber schon jetzt, nach den ersten Kontakten mit der MA 6, bin ich zuversichtlich, dass ich aus meiner Vollstreckung durch die Wirtschaftskammer Österreich gutes Material für Comedy bekommen werde. Und dann hängt es ja nur von mir, dem freien Unterhaltungsmarkt und meinem unternehmerischen Talent ab, ob ich damit mehr verdiene, als mich die Vollstreckung kostet. Vielleicht bekomme ich ja bei der Wirtschaftskammer für dieses unternehmerische Projekt eine Förderung?