Viele KollegInnen wissen, dass ich ein iPad-Fan bin. Ich halte das iPad für eines der besten Werkzeuge, wenn man im Comedy-Business oder einem anderen Bereich arbeitet, bei dem es wichtig ist einfach, schnell und immer und überall Texte schreiben und Texte bearbeiten zu können oder auch nur Notizen zu machen. Aber neben der Hardware muss man auch die Software finden, mit der man am besten und liebsten arbeitet.

Und so passiert es immer wieder, dass wir vor, während oder nach einer Show zusammensitzen und Erfahrungen über diverse Apps und Zubehör austauschen. Und heute möchte ich hier über eine App schreiben, die mir geholfen hat meinen inneren Schweinehund oft zu überwinden und meinen Schreib-Output massiv zu erhöhen. Die Software firmiert unter dem Namen iA-Writer und ist in Versionen für den Mac, das iPad und das iPhone im App-Store erhältlich. Ich nutze sie vor allem am iPad.

Die Mission der Entwickler von iA-Writer war es, ein Textprogramm zu bauen, dass einzig und allein dem Zweck dient ablenkunsgfrei schreiben zu können. Und genau das schafft iA-Writer. Das großartige Konzept an dem Ding ist der knallharte Verzicht. Keine Formatierungsmöglichkeiten (außer Markdown – aber das ist ein eigenes Thema) mit denen man herumspielen kann während man eigentlich schreiben sollte. Keine verschiedenen Fonts in denen der Text „cooler“ ausschauen könnte und mit denen man herumspielen kann. Keine Seiten- und Layout-Designs mit denen man herumspielen kann anstatt zu schreiben. Ich persönlich bin schuldig und habe oft zwei Absätze geschrieben um dann „stundenlang“ blöd herum zu formatieren weil ich ja viel kreativer und besser schreiben würde mit diesem neuen „coolen“ Look. Blödsinn, ich habe mich nur abgelenkt. Und iA-Writer hat mich davon geheilt. Vor allem auch mit seinem speziellen „Fokus-Mode“ auf den ich später noch zurückkommen werde.

Sobald man die App startet wirkt alles aufgeräumt und auf eine einzige Aufgabe fokussiert. Alles ist auf den Text fokussiert, der mit schwarzer Schrift auf weißem Grund angezeigt wird. Die Entwickler haben wohl mit Bedacht einen großen Font und einen erhöhter Zeilenabstand designed und so ist der Text sehr gut lesbar.

iA-Writer verbessert auch die iPad-eigene, virtuelle Tastatur mit acht zusätzlichen Funktionen, die bei der Erstellung von Texten hilfreich sind. Es gibt plötzlich Tasten, um z.B. ein Wort weiter zu springen und zwei Cursor-Tasten, um einfach zurück- und vorzunavigieren. Dazu noch Tasten für Bindestrich, Semikolon, Doppelpunkt, Anführungszeichen, etc. und Klammern.

Das Menü am oberen Rand wurde auch auf das Wesentlichste reduziert und enthält Informationen zum Öffnen von Texten, zum Anlegen neuer Texte und zum Verschicken des Textes per E-Mail. Man kann aber auch einfach den ganzen Text mit einem Schritt in die Zwischenablage kopieren. Um einen Text mit einem Namen zu versehen oder auch nur einfach umzubenennen tippt man einfach am oberen Rand auf den Namen und schon ist er markiert und kann manipuliert werden.

Für Autoren – und natürlich Comedians – besonders interessant sind die Statistikfunktionen, die bei iA-Writer mit umgesetzt wurden. Am oberen rechten Rand ist immer zu sehen wie viele Worte und Zeichen der Text schon hat. Und mit einem Fingertip wird es für uns Bühnenmenschen noch besser: denn da berechnet die App gleich wie lange es dauern würde den ganzen Text zu lesen oder wie lange es dauert vom Start bis zur aktuellen Position des Cursors zu lesen. (Übrigens ist der Cursor auch ein kleiner Geniestreich. Länger als üblich und mit Farbe hervorgehoben und so immer auf einem Blick gleich sichtbar. Zurück zur Lesedauer.) Natürlich stimmt die angegebene Zeit nicht mit der Zeit überein, die man selbst braucht um eine Nummer auf der Bühne zu spielen. Diese Zeitdauer hängt natürlich von der individuellen Sprechgeschwindigkeit ab. Aber nach ein paar Versuchen kommt man schnell dahinter, wie man die errechnete Zeit umrechnen muss, um ziemlich sicher zu wissen wie lange man brauchen würde einen Text auf der Bühne zu sprechen. In meinem Fall muss ich die errechnete Zeit meist einfach nur verdoppeln, um ziemlich gut zu wissen wie lange ich auf der Bühne brauchen würde. Ich liebe diese Funktion.

Und jetzt zum nächsten tollen Detail der App: der Fokus-Mode von iA-Writer. In allen Büchern die man zum Thema Comedy oder kreatives Schreiben lesen kann steht, dass man immer zu Anfang seinen Gedanken einfach freien Lauf lassen soll. Einfach schreiben, ohne Rücksicht auf Formulierungen, Rechtschreibung und Formatierung. Leider sind wir ja nicht mehr Herren über unsere Maschinen und so kann man ja oft gar keine Texte mehr schreiben ohne dass sich nicht gleich irgendeine Autokorrektur, Autofilling oder andere Funktion einmischt, Wörter unterstreicht und uns gleich wieder das Gefühl gibt: »Hey, so geht das nicht!« Natürlich ist das in anderen Schreibsituationen hilfreich und sinnvoll. Aber beim freien, assoziativen vor sich hin-texten eben nicht. Und wer hat schon Lust sich jedesmal durch Menüs durchzutippen um diese Funktionen ein- und auszuschalten?

Und da kommt der Fokus-Mode von iA-Writer ins Spiel. Ich finde die Lösung genial: Mit einem Tap auf das Schloss in der oberen Toolbar wird die Menüleiste und die Statusleiste ausgeblendet. Am Bildschirm werden jetzt nur drei Zeilen des Texts in Schwarz, die Zeilen darüber und darunter in hellem Grau angezeigt. Die Tastatur kann nicht aus Versehen ausgeblendet werden. Zurück-scrollen ist ebenfalls nicht möglich. Durch den Text kann nur unter Verwendung der Cursor-Tasten und Wort vor/zurück-tasten navigiert werden. Funktionen, wie z. B. Autokorrektur, Rechtschreibkontrolle und alles andere, werden ausgeblendet und auf „Pause“ gestellt, sodass man sich rein auf den Text konzentrieren kann. Die Idee dahinter ist, dass wenn die ominöse Schreibblockade eintritt, man sich rein auf den Text und seinen aktuellen Gedanken konzentrieren kann. Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, das funktioniert.

Ergänzend sei jetzt auch noch erwähnt, dass iA-Writer alle Texte entweder per iCloud oder DropBoxmit allen anderen Geräten synchronisiert. Und bei dem Thema gibt es auch von mir Kritik. Der Sync funktioniert einwandfrei, aber nur bei DropBox hat man die Option Texte in Ordner ablegen zu können und so zu organisieren. Bei iCloud – aber auch lokal auf dem iPad – liegen alle Texte in einem Folder und werden geordnet nach Bearbeitungsdatum dargestellt. Ich selbst hoffe, dass zukünftige Versionen es uns auch erlauben werden diverse Ordner zu erstellen um Dateien gezielt und thematisch abzulegen. Und noch ein Wunsch sei mir gestattet: eine Volltext-Suchfunktion die über alle Texte in einem Ordner läuft wäre genial.

Zusammengefasst kann ich nur sagen, dass ich eigentlich ein fauler Hund bin und jede Gelegenheit wahrnehme, wenn es darum geht Ausreden zu finden um nicht zu schreiben. iA-Writer hat mir die meisten genommen. Ich schreibe fast alles nur mehr in dieser App, egal ob Emails, Konzepte, Gags, Programme. Das ist aber auch alles was in in iA-Writer mache. Weiterverarbeitet werden sie dann je nach Thema in Blogsoftware, Datenbank, Lay-out-Programm, etc. Und das ist das Geniale an iA-Writer. Damit kann man nur schreiben. Aber in unserem Business ist genau das, das Wichtigste und unser aller Fundament.