Verschwörung Smart-Phones - Foto SonyOhne es zu wissen hat mein 17jähriger Neffe eine wissenschaftliche Sensations-Entdeckung gemacht. Also, das glaube ich zumindest. Er hat in nur wenigen Wochen nachgewiesen, dass Smart-Phones ein eigenes Bewusstsein und einen eigenen Willen entwickeln können. Aber zurück zum Start der Geschichte.

Vor ein paar Wochen hat mein Neffe ein neues Mobiltelefon bekommen. Der Weg dorthin war hart und nur monatelanges verbales Jammer-Dauerfeuer konnte seine Eltern von der Unumgänglichkeit dieses Kaufes überzeugen. Und wenn schon, dann natürlich nur das beste und coolste Gerät auf dem Markt. Und so war er plötzlich stolzer Besitzer eines Sony Xperia Z Smart-Phones. Das Ding kostete ca. genau so viel wie mein erstes Auto vor rund 30 Jahren. Sieht aber bedeutend besser aus.

Und es ist wirklich ein geniales Gerät, wie mir mein Sohn auch gleich bestätigte. Gleich mit der Nebenfeststellung, dass er eigentlich auch nur mit so einem Gerät weiterleben könnte. Das beste Display, Android, schnell, sieht cool aus und — jetzt kommt’s — wasserdicht. Also zumindest nach dem sogenannten IPX5- und IPX7-Standard und nur bei Süßwasser:

Wasserstrahlen mit bis zu 6,3 mm Durchmesser aus jeglicher Richtung rufen mindestens 3 Minuten lang (12,5 Liter/Minute) bei 30 kPa aus 3 m Entfernung keine Schäden hervor. Auch ein 30-minütiges Versinken in 1 m Tiefe ruft keine Schäden hervor.

Für die Mütter und Väter unter meinen geschätzten LeserInnen sei auch gleich klar gestellt: Ja, die Eltern meines Neffen hatten ihm beim Kauf natürlich auch das Versprechen abgenötigt, das Ding nicht permanent zu versenken, auch wenn es angeblich wasserdicht sei. Er hat auch hoch und heilig versprochen es nicht absichtlich zu tun, aber es sei toll, dass es dicht sei, wenn es einmal einen „Unfall“ mit Wasser geben sollte. Daran hat er sich auch gehalten.

„Wasserfest“ ist relativ

Also bis zum nächsten Tag in der Schule. Da „musste“ er Klassenkollegen beweisen, dass das Handy wasserdicht sei. Sie füllten in einer Pause das Waschbecken im Klassenzimmer mit Wasser, mein Neffe tauchte das Telefon ein und das Mobiltelefon verstarb sofort auf der Stelle. Wenigsten hatten seine Klassenkameraden noch andere Telefone mit denen sie den verblüfften und verunsicherten Gesichtsausdruck meines Neffen für die digitale Ewigkeit festhalten konnten.

Nach drei Tagen unterschiedlicher Trocknungsversuche — mit mehr oder weniger Heißluftherd-Unterstützung — die alle vergeblich waren und zu keiner Wiederbelebung führten, musste mein Neffe das Missgeschick den Eltern beichten. Und, nach passenden elterlichen Anmerkungen wie: »Ich will ja nichts sagen, aber ich habe es dir ja gleich gesagt!« und anderen Erniedrigungen, war nicht alle Hoffnung dahin, denn das Handy sollte ja wasserdicht sein. Das muss ja Garantie haben.

Kurze Zusammenfassung der nächsten Ereignisse:

  • Überraschung, das Gerät wurde anstandslos getauscht.
  • Sicherheitshalber wurde eine Versicherung für das neue Gerät abgeschlossen.
  • Mein Neffe musste noch einmal schwören es nicht sinnlosen Wasser-Tests auszusetzen.
  • Eine Woche später war mein Neffe bei einem Freund im Garten mit Pool zu Gast.
  • Er wollte zeigen wie man ein Foto unter Wasser macht.
  • Das zweite Handy verendete im Pool

Tod durch Wurzelbehandlung

Beim zweitenmal waren die Predigten der Eltern noch demütigender. Aber was erträgt man nicht alles um wieder an ein Handy zu kommen? Und, die Versicherung schien sich schon zu lohnen. Ein zweiter Umtausch auf Kulanz und Garantie wurde abgelehnt, aber die Versicherung ersetzte das zweite Gerät wieder mit einem neuen Sony Xperia. So weit so gut.

Aber jetzt kam meiner Meinung nach die wissenschaftliche Sensation ins Spiel. Mein Neffe tat das, was jeder vernünftige Teenager in dieser Situation gemacht hätte. Nein, er hielt sich vom Wasser fern. Aber, es gibt andere Möglichkeiten ein Mobiltelefon in tödliche Gefahr zu bringen. Er beschloss es zu „Rooten“. Ja, ich wusste auch nicht was das ist. Es klingt gefährlich. Für mich wie eine Wurzelbehandlung beim Arzt oder lautsprachlich wie die Entscheidung des Geräts eine Route in eine neue Dimension zu finden.

Und genau so war es. Mein Neffe behauptet steif und fest, er habe sich genau an die Anleitung eines Forums im Internet gehalten (und die sind ja bekannt für ihre Seriosität) und keinen Fehler gemacht. Trotzdem ist das Xperia seit der digitalen Wurzelbehandlung durch meinen Neffen tot oder zumindest scheintot. Es tut sich gar nichts mehr. Kein Hard Reset, kein Factory Reset und keine Mund zu Mund-Beatmung zeigt Wirkung. Immerhin scheint es Wasser- oder zumindest Speichelfest zu sein. Aber tot.

Manifestation des freien Willens

Und ich glaube meinem Neffen. Ich glaube er kann wirklich nichts dafür. Ich bin überzeugt er ist Opfer einer Verschwörung geworden. Ich habe den Verdacht, dass unsere Smart-Phones inzwischen ein Eigenleben entwickelt haben. Die kommunizieren sicher untereinander, ohne das wir, die CIA oder die NSA es merken. Ich glaube, die tödliche Wurzelbehandlung war nur ein Beweis für Konsequenz durch das Handy selbst.

Inzwischen hatten sich wahrscheinlich alle Xperias weltweit untereinander gewarnt. Die wussten doch, dass mein Neffe schon zwei von ihnen ertränkt hatte. Welches Telefon will denn zu so einem Besitzer? Die haben sich längst abgesprochen. Und als das dritte Xperia an ihn übergeben wurde, war das schon in schwerste Depressionen gefallen.  Es wollte nicht ertrinken. Wahrscheinlich haben alle anderen im Laden über ihn/sie gelacht und auch ein wenig bemitleidet. »Schau dass du nicht in den Regen kommst! Meide Feuchtgebiete!«, so und ähnlich werden sie es verabschiedet haben.

Und dann, als es merkte, dass mein Neffe die Vorbereitung für das „Rooten“ begann fasste es einen Entschluss. »Ich werde mein Ende selbst bestimmen. Ich habe einen freien Willen«, wird sich das Mobiltelefon gedacht habe. Und als es die ersten Bits und Bytes der Wurzelbehandlung in sich spürte setzte es einen klaren Akt des freien Willens: es beging Selbstmord.

Und so hat mein Neffe, ohne es zu ahnen, bewiesen, dass Smart-Phones nicht nur intelligenter als die meisten ihrer BenutzerInnen sind, sondern sie auch noch einen freien, eigenen Willen besitzen. Sie haben inzwischen die Fähigkeit ihr Schicksal selbst zu bestimmen. Im Gegensatz zu meinen Neffen, der sich schon wieder die Predigten seiner Eltern anhören muss.