PublikumssituationEine der schwierigsten Situation für Comedians und KabarettistInnen sind mehr oder weniger große Firmenfeiern, Galas oder spezielle Events. Die Publikumssituation vor Ort ist oft schwierig und schwer in den Griff zu bekommen. Während das Publikum normalerweise wegen einer KünstlerIn, einem bestimmten Programm oder einer spezifischen Show kommt, kommen die Gäste bei Firmenevents, -galas und -feiern zuerst einmal nur wegen der Einladung. Meist bezahlen sie nichts für die Karten und sind eigentlich nur gekommen um zu netzwerken und Teil des sozialen Lebens des eigenen Unternehmens zu sein.

Firmenpublikum und der Rest im Raum

Besonders kompliziert für die KünstlerInnen wird es dann, wenn sie Shows spielen, die aus einem Mischpublikum bestehen. Also wenn große Gruppen mehrerer Unternehmen und Organisationen mit Publikum gemischt sind, die für die Show normale Karten gekauft haben. Vor allem rund um Weihnachten und Neujahr, sind wir KünstlerInnen solchen Situationen konfrontiert. Wenn wir also nicht untergehen wollen, müssen wir mit der Situation professionell umgehen.

Ich selbst habe unlängst eine Show gespielt, bei der 80 Gäste von einem bestimmten Unternehmen mit mehr als 90 „normalen“ Gästen gemischt waren. Gleich zu Beginn der Show war klar, dass das nicht unbedingt einfach wird. Im Raum waren große Tische mit bis zu 25 Personen pro Tisch. Vier dieser Tische waren also mit MitarbeiterInnen des Unternehmens gefüllt und auf den anderen Tischen verteilte sich das Restpublikum. Welche Tische zur Firmenfeier gehörten war leicht zu erkennen, denn als die Show begann, dachte an diesen Tischen niemand daran auch nur ein wenig leiser miteinander zu sprechen. Die Leute hatten gemeinsam gegessen, getrunken und Spass und warum sollten sie jetzt plötzlich still sein und einem einsamen Comedian/Moderator auf der Bühne zuhören? Was also tun?

Wissen ist Macht

Wenn schon vorher bekannt ist, dass viele BesucherInnen einer bestimmten Firma oder Organisation angehören, dann sollte man sich als KünstlerIn unbedingt vorab informieren und recherchieren, was diese Menschen eigentlich tun. Dank Internet ist das heute nicht mehr wirklich schwer und man findet immer wunderbare Presse-, Marketing- und Produkttexte. Mit diesem Wissen kann man arbeiten und bei den BesucherInnen Punkte sammeln.

Firma und MItarbeiterInnen von Anfang an einbinden

Bei dem oben erwähnten Auftritt habe ich einfach aus den Unterlagen des Unternehmens ein 8-10minütiges Comedy-Set vorbereitet. Am einfachsten geht das, wenn man Fachbegriffe aus diversen Broschüren und Firmentexten nimmt, sie entweder absichtlich völlig missversteht, in andere Lebensbereiche überträgt oder auf das tägliche Leben umlegt. Es geht nicht darum möglichst viele Daten und Fakten zu kennen, sondern möglichst witzig klingende Fachwörter, -begriffe und Texte anzubringen.

Sobald die Gäste des Unternehmens bemerken, dass sich jemand mit ihrer Welt, die gerade ihnen wichtig ist und auf die sie natürlich stolz sind, beschäftigt hören sie zu. Bei der letzten Show haben mir andere Kollegen bestätigt, dass, sobald ich Fachbegriffe ihrer Produkte auf die Bühne gebracht habe, die Gäste plötzlich sehr wohl bereit waren zuzuhören.

Gleichzeitig habe ich auch gleich ein paar ihrer MitarbeiterInnen von der Bühne aus in die Moderation mit einbezogen. Ich fokussiere mich da vor allem auf jene junge Männer, die mit offen zur Schau gestellter Coolness zeigen wollen, dass sie eigentlich zu cool zum Lachen und Amüsieren sind. Ich frage sie nach ihren Namen, nach ihrer Position und ob sie in Beziehung leben? Plötzlich wird das für alle anderen ihrer KollegInnen natürlich besonders interessant und lustig. Sie wollen nicht verpassen, wie sich ihr Arbeitskollege in so einer Situation verhält. Natürlich darf man dabei auf keinen Fall beleidigend werden oder jemanden der Lächerlichkeit preisgeben.

Und nach einem kurzen Dialog hat man sich so sofort Verbündete im Publikum geschaffen, die man nutzen kann. Man kann sie immer wieder direkt mit Namen ansprechen oder sie bitten die KünstlerInnen des Abends zu unterstützen. Man kann ihnen schmeicheln und sagen, dass sie nun Vorbilder für alle sind, dass alle nur lachen wenn sie es tun und auch nur jubeln wenn sie es tun. Ob sie es wollen oder nicht, sind sie nun im Fokus ihrer KollegInnen und wollen natürlich dazu beitragen, dass die Show ein Erfolg wird.

Firmen-Lingo für alle witzig machen

Bei einem gemischten Publikum darf man die Pointen über ein jenes Unternehmen, das die meisten Gäste stellt, nicht so fachspezifisch machen, dass sie für das restliche Publikum weder interessant noch witzig sind. Deshalb immer darauf achten, die Produkte und Bergriffe mit funktionierenden Pointen allgemeiner Art zu vermischen. Wir alle haben Witze und Sets, die eigentlich fast immer funnktionieren. Wenn man das Unternehmen oder die Organisation geschickt mit solchen Sachen verwebt (oft reicht nur die Verwendung eines Produkts, eines Katalog-Textes, eines Fachbegriffs, etc.) wird das für alle im Publikum unterhaltsam sein.

Auch die direkte Interaktion mit Teilen des Firmenpublikums kann man so gestalten, dass sie auch für „Normalgäste“ unterhaltsam ist. Menschen freuen sich immer, wenn andere vom Moderator oder Comedian „drangsaliert“ werden.

Firmen-Gigs und Galas sind Dienstleistung

Wer sich künstlerisch verwirklichen will sollte solche Events nicht spielen. Er oder sie sollte sich auch Gedanken machen, ob Weihnachts- und Neujahrsshows wirklich einen Auftritt wert sind? Wenn Menschen organisiert zu so einem Abend kommen, dann kommen sie meist nicht primär wegen der Show. Sie kommen, um einen Abend mit KollegInnen zu verbringen, zu plaudern, zu essen und zu trinken. Die Show ist quasi nur noch eine Art Draufgabe. Wer bei so einem Abend die Bühne mit 20 Sekunden Stille und einem Monolog beginnt, bei dem die erste Pointe nach 12 Minuten kommt, ist einfach am falschen Ort.

Warm-Up ist vielleicht eine gute Idee

Auf jeden Fall sollte man an so einem Abend eine Art des Warm-Ups planen. Entweder hat man das Glück einen Moderator, Anheizer oder unterhaltsamen Master of Ceremony zu haben, oder aber, man muss die Härte haben, es die ersten Minuten selbst zu machen. Ein Comedy-Set — und sei es noch so gut — kann nur erfolgreich sein, wenn das Publikum zuhört und die Pointen verstehen kann. Wer die verschiedenen Gruppen im Publikum nicht in den Griff bekommt und sich ihre Aufmerksamkeit nicht erarbeitet, kann gleich wieder von der Bühne gehen und allen einen netten Abend wünschen.