Lustig seinWir sind stolze Besitzer eines kleinen Ferienhauses in Niederösterreich. Besser gesagt, meine Frau ist stolze Besitzerin, und ich bin Teil der geduldeten Einrichtung. Zumindest an manchen Tagen. Als pflichtbewusster Einrichtungsgegenstand, muss ich ab und zu tatsächlich körperlich arbeiten, um nicht durch irgendein IKEA-Regal mit dem erotischen Namen Sven ersetzt zu werden. Und letztes Wochenende war es wieder so weit. Das Projekt: ein nicht allzu großer Baum im Garten musste umgeschnitten werden. Natürlich war das eine ideale Herausforderung für einen Handwerksexperten des 25 Bildungsweges, wie ich es nun mal bin.

Klar bin ich ein Experte

Oh, ihr Ungläubigen, ich bin ein Experte. Ich habe bestimmt zwei Drittel aller Folgen von „Hör mal wer da hämmert“ gesehen, mehrmals mehrere Minuten den „Selfmademan“ im ORF ertragen und auch hin wieder eine Baumarktwerbung konsumiert. All das qualifiziert mich eindeutig für schwere, männliche Handwerksarbeit im Garten. Aber der echte Kerl muss zuerst in den Baumarkt, um das richtige Werkzeug zu besorgen. Also, ab nach Pöchlarn und rein ins Handwerksparadies.

Ehrlich gesagt war ich von der Vielfalt der Motorsägenangebots überrascht. Ich musste also das Unmögliche wagen und einen Baumarktmitarbeiter zwecks Informationsabfrage finden. Und das ist gar nicht einfach. Denn nicht nur sind sie mit natürlichen Tarnmechanismen ausgestattet, die sie für Laien wie mich unsichtbar machen, sondern es gibt in einem Baumarkt auch noch externe Fachkräfte, die nur für bestimmte Marken zuständig sind. Nach ein paar Stunden hatte ich endlich ein frei-lebendes Exemplar ausgemacht, das zumindest einem Mitarbeiter ähnelte. Ich gleich hin und gefragt: „Entschuldigung, arbeiten sie hier?“ Antwort: „Kaum.“

Service im Baumarkt

Ich: „Ich meinte, ob sie Mitarbeiter dieses Baumarkts sind?“ Er: „Kommt drauf an.“ Na ja, wir sind dann doch noch Freunde geworden und er machte mich zum stolzen Besitzer einer elektrischen Motorsäge. Nicht mit Akku, weil die sind schwach, sondern mit Stromkabel. Die benzinbetriebenen Motorsägen hielt ich für meinen kleinen Obstbaum im Garten für zu übertrieben. Und bevor jetzt kritische Mails kommen: Ja, ich habe auch eine der sexy Schutzbrillen gekauft.

So ausgestattet, bin ich zurück zum Haus. Dort angekommen stieg ich als neuer Mann aus dem Auto. So eine Motorsäge ist schon ein Machtinstrument. Auch meine Frau sah mich plötzlich aus einem völlig neuen Blickwinkel. Ich denke es war stolz, obwohl meine Tochter meinte ein wenig Panik in den Augen meiner Frau entdeckt zu haben. Natürlich wollte ich sofort mit meinem neuen Männlichkeitssymbol ans Werk gehen. Also, Kabeltrommel raus, Motorsäge eingesteckt, Schutzbrille auf, Sicherheitsabdeckung runter und los. Die Säge röhrte beeindruckend los und in einem grazilen und athletischen Schwung durchtrennte ich mit der Säge sofort das Stromkabel.

Zurück im Baumarkt

Natürlich bin ich nicht zum gleichen Baumarkt gefahren. Diesmal bin ich nach Waidhofen und habe mir eine benzinbetriebene Säge besorgt. Da kann man wenigstens kein Kabel durchschneiden und in Wahrheit sieht sie auch besser aus, als die kleine elektrische Motorsäge. Also, Säge besorgt, zurück ins Haus.

Das Geräusch der Säge war beeindruckend. Ich stand mit der laufenden Säge vor dem Haus und röhrte männlich in die Luft. Und dann war es soweit. Fachmännisch und überlegt begann ich den Baum umzusägen. Warum ich wirklich glaubte zu wissen, wie und in welche Richtung der Baum fallen würde, kann ich nicht erklären. Auf jeden Fall hatte es sich der Baum wohl gut überlegt. Nach dem Motto: Dafür musst du bezahlen, du Winzling. Und mit Winzling meinte er mich.

Der Baum krachte plötzlich – mit plötzlich meine ich, dass er laut meiner fachmännischen Berechnungen noch nicht falle hätte können – und erledigte quasi im Vorbeigehen rund drei Meter Gartenzaun, sprang noch einmal hoch und nahm den rechten Außenspiegel und erhebliche Lackbestände eines jetzt ziemlich verbeulten rechten Kotflügels meines Autos mit in den Tod.

Aber ich stand noch. Der Baum nicht mehr. Technisch gesehen hatte ich gewonnen. Und Gott sei Dank hatte meine Tochter nicht ihre Videokamera dabei. Den You-Tube-Hit habe ich mir gerne erspart.