Schwimmverband
Als ich den untenstehende Beitrag geschrieben habe, habe ich gleichzeitig eine Email an den Schwimmverein ASV geschickt. Das habe ich geschrieben:
 
Einen schönen guten Tag,
 
Ich habe das zweifelhafte Vergnügen der Vater eines Mädchens zu sein, das seit Jahren ihr gesamtes Leben dem Schwimmsport unterordnet. Zwar „nur“ als Synchronschwimmerin (offensichtlich ein Teilbereich der, wie ich heute bemerken durfte, beim ASV eher nur auf Verachtung stösst), aber dafür durfte ich im Laufe der letzten Jahre tausende Euros an Unterstützung, Kostenfinanzierungen, Fotoservices und Zeitaufwand dem OSV, dem Wiener Schwimmverband und dem Schwimmsport opfern.

Vor Wochen wollte plötzlich auch mein Sohn zum Schwimmen und er geht jetzt zweimal die Woche brav beim ASV im Amalienbad trainieren. Heute wollte ich ihm zusehen und bin (aus formaler Sicht korrekt) daran gescheitert ohne Badebekleidung ins Bad zu kommen. Das ist einzusehen und zu akzeptieren. Aber was nicht einzusehen und zu akzeptieren ist, dass laut Erzählungen anderer und auch durch das Personal bestätigt, diese Regel scheinbar völlig willkürlich angewandt wird. Die Enttäuschung meines Sohnes war sehr groß, vor allem weil auch gestern wieder andere Menschen sehr wohl in Straßenbekleidung anwesend war. Er wollte mir eigentlich nur zeigen wie viel er schon gelernt hat.

Und noch enttäuschende war folgender Satz, den ich vor dem Training zu hören bekam: „Der Verein will keine Eltern dabei haben.“ Nun, ich verstehe TrainierInnen, die nicht wollen, dass sich Eltern ins Training selbst einmischen. Ich kann nur sagen, dass mir da gestern eine gute Lektion erteilt wurde. Scheinbar will der Verein nur bestimmte Eltern (denn auch heute waren Menschen mit Straßenkleidung in der Schwimmhalle). Aber dank der Episode habe ich auch endlich ein gutes Argument, wenn ich – wie jedes Jahr – mit Unterstützungsanfragen vom OSV und anderen im österreichischen Schwimmsport konfrontiert werde. „Der Verein will keine Eltern dabei haben.“ Details zu dem Thema hier: http://tinyurl.com/9fu6w6b

mfG,

Niko Formanek

Die Antwort

Und jetzt habe ich die Antwort bekommen. Die nachfolgende Email wurde laut offenem Verteiler vom ASV an insgesamt acht Menschen verschickt (sogar ein Rechtsanwalt ist dabei der Aufsichtsrat bei der Wagner-Biro AG, Binder+Co AG und austria microsytsems ag ist):  Yilmaz Nurten ASV Vorstand Präsidentin, Millmann Claudia ASV Vorstand Leitung Sportbad, Stejskal Bernard ASV Vorstand Leitung Wasserball, Szabo Ingrid ASV Vorstand Kassierin, Berger Kurt Rechtsanwalt, Nitschmann Petra ASV Vorstand & Office, Loos Markus MA 44 Bäderverwaltung.

Ich zitiere:

Sehr geehrter Herr Formanek!

Ich (sic) Schreiben (Email) vom 30.10.2012 hat mich über unsere Präsidentin Frau Nurten Yilmaz und unser Vereinsbüro Frau Petra Nitschmann erreicht.

Dieses zu lesen und der Aufforderung dem beigefügtem Link zu folgen, bin ich nachgekommen.

Folgendes habe ich daraus wahrgenommen: Anschuldigungen gegen Bedienstete der Stadt Wien (Bäderpersonal) , gegen den Verein ASV-Wien, gegen Trainer des ASV-Wien, sowie öffentlich unrichtige Darstellungen von Sachverhalten im ASV-Wien. Ihre (für uns chancenlos) angewandte Kommunikationsform lässt mich persönlich meinen, dass es sich hier um schlechte Comedy handelt. Da es um komplexe Punkte geht und dem ASV-Wien das Thema Eltern- Anliegen und Beschwerden sehr wichtig ist, legen wir auf faire und aufrichtige Kommunikation viel Wert. Die weitere Vorgehensweise in dieser Angelegenheit werde ich bei unserer nächsten Vorstandssitzung diskutieren und abstimmen lassen. Über das Ergebnis werden Sie in Folge informiert.

Zudem werden wir Ihr Schreiben inkl. Link http://tinyurl.com/9fu6w6b der Stadt Wien – Bäderverwaltung MA 44 zur eigenen Beurteilung zur Verfügung stellen.

Mit sportfreundlichen Grüßen

Karin Meidlinger (Obfrau & Leitung Schwimmen), ASV-Wien (Arbeiter Schwimm Verein Wien)

Ich bin mir nicht sicher, aber ich und andere, lesen aus dieser Antwort eine unterschwellige Drohung heraus? Bin ich paranoid? Na ja, so ist es eben bei uns im Land. Kann man nichts machen.

Und jetzt zurück zum ursprünglichen Blogbeitrag:

Vor mehr als sieben Jahren hat meine heute 15-jährige Tochter beschlossen ihr Leben dem Synchronschwimmsport zu widmen. Gut, damit muss man leben, vor allem wenn sich herausstellt dass sie tatsächlich ein Jahrhunderttalent in Österreich für diesen Sport ist. Immer wieder bitte ich sie doch lieber zu leben, auf Parties zu gehen und Blödsinn zu machen als sieben Tage die Woche nahezu sechs Stunden bei Training und in Schwimmhallen zu verbringen. Inzwischen habe ich mich auch damit abgefunden, dass Inkompetenz, Überforderung, Selbstüberschätzung und Arroganz die einzig wirklichen Sportarten sind, in denen Österreich einsam Weltspitze ist, wenn es nur Funktionärsolympiaden gebe.

Und es kann noch schlimmer kommen

Aber mir bleibt auch nichts erspart. Vor ein paar Wochen steht plötzlich mein 10-jähriger Sohn vor mir und möchte ins Leistungsschwimmen gehen. Ich habe ihn angefleht und angebettelt sich einen anderen Sport auszusuchen. Aber nein, er wollte und will. Und jetzt, nach ein paar Wochen ist er noch immer voller Energie dabei. Gut, soll so sein. Wenigstens Sport.

Über eine Woche hat er mich dann angebettelt, dass ich doch einmal ins Training kommen soll, um zu sehen, was er schon gelernt hat, wie schnell er schwimmt und wie hart er trainiert. Ich stehe also mit ihm vor dem Amalienbad in Wien, wo um 15:00 Uhr das Training des ASV im Becken beginnen soll. „Soll“ ist das entscheidende Wort, denn nach Aussage des Badepersonals und des Trainers werden die Kinder um 14:55 Uhr erst ins Bad gelassen. An diesem Nachmittag war es 14:57 Uhr. Gut, kann ja sein.

Manche sind gleicher, auch am Beckenrand

Und dann kam mein naiver Fehler. Ich war zwar bereit Schuhe und Socken auszuziehen, um vom Beckenrand zuzusehen, aber das ist nicht mehr erlaubt. Um zusehen zu dürfen muss man nun mehr Badebekleidung und Schlapfen tragen. Ist einzusehen und ok, so sind die Regeln nun mal. Wenn es denn für alle gelten würde. Allerdings ist mir seit Jahren bekannt, dass dies fast nie eingehalten wird. Und wie mir die zuständigen BademitarbeiterInnen auch vor Ort bestätigten gab und gibt es da immer Ausnahmen. Meiner Erfahrung nach – sehr typisch für Österreich – gelten diese Ausnahmen vor allem für FreundInnen und PartnerInnen der TrainerInnen, der FunktionärInnen und natürlich der FunktionärInnen selbst. Nachdem ich ja nicht blöd bin, habe ich meinen Sohn vor dem Training gefragt, ob Zusehen überhaupt möglich sei? Und er bestätigte mir, dass fast bei jedem Training Menschen in Straßenkleidung beim Training dabei sind. Immerhin waren die Verantwortlichen vor Ort so fair meinem Sohn keine Lüge zu unterstellen und bestätigten die Ausnahmen, allerdings ohne sie zu erklären. (Kleiner Nachtrag: Tja, und welch Überraschung, nach dem Training fragte mich auch mein Sohn warum so viele andere in Straßenkleidung im Bad gewesen waren, nur ich nicht.)

Aber dann fiel ein bemerkenswerter Satz. Ich bin nicht mehr ganz sicher von wem, aber er lautete: „Der Verein will keine Eltern dabei haben!“ Das ist eine interessante Information. Warum sollte ich auch meinen Sohn unterstützen wollen? Er war stolz und hat sich schon den ganzen Tag darauf gefreut, dass ich zusehen werde. Wahrscheinlich bin ich ja ein Agent ausländischer Schwimmverbände der die geheimen Trainingsmethoden des überaus erfolgreichen österreichischen Schwimmverbandes im Kaulquappen-Nachwuchsbereich ausspionieren will. Wäre aber nicht sehr logisch, denn die einzigen weltweit erfolgreichen Schwimmer die Österreich je herausgebracht haben versuchten so schnell wie möglich die Trainer und Trainingsinfrastruktur Österreichs hinter sich zu lassen. Na ja, und über den Goldregen bei den letzten olympischen Spielen (0 Medaillen in allen Sportarten für Österreich) brauchen wir ja nicht zu diskutieren.

Wenigstens gibt man zu, dass man nur abzocken will

So ist das also: „Der Verein will keine Eltern dabei haben.“ Gut zu wissen wenn es wieder um Mitgliedsbeiträge (ah ja, 173 euro habe ich schon dafür bezahlt, dass man mich nicht braucht oder will), zu finanzierende Trainingsanzüge, Zeitaufwand für Taxiservice, Unkostenbeiträge bei Wettkämpfen (vor allem im Ausland, oft Gesamtkosten), Unterstützung mit professionellen Fotos, Zeitaufwand und Energie bei Durchführung von Wettkämpfen geht. Meine Antwort auf sämtliche Bitten für Unterstützung werde ich jetzt immer mit einem Satz beantworten: „Der Verein will keine Eltern dabei haben.“ Wenn es das ist, was der Schwimmsport will, dann soll er es bekommen. Das ist die Realität im österreichischen Sport.