Mit Kind beim Fliegen

Mit Kindern eröffnet sich unangenehmen Scherzbolden wir mir eine völlig neue Welt der Selbstunterhaltung auf Kosten anderer. Und da Lachen auf Kosten anderer besonders gesund ist, geht es mir eigentlich ganz gut. Jetzt fragen sie sicher: Was meint der Verrückte damit? Also, hier kommt eines meiner ganz persönlichen Highlights und Beispiele.

Mit Kind beim Fliegen – Panik bei Passagieren

Es funktioniert besonders gut, wenn ihr Kind knapp unter einem Jahr alt ist. Sie kommen mit dem Kind am Arm zum Abfluggate. Schon sieht man in den Augen der kinderlosen Fluggäste einen Anflug von Panik. Die Aussicht, die nächsten drei Stunden neben einen schreienden Kleinkind auf engstem Raum zu verbringen, führt zu allgemeiner Nervosität. Mich selbst durchflutet zarter Sadismus und Schadenfreude. Hier ist was sie tun müssen. Sie haben beim Check-In Platz 20E zugewiesen bekommen. Aber so leicht wollen wir es unseren Kollegen in den Business-Anzügen nicht machen. Ich gehe also durch den Wartebereich und spreche laut auf mein Kind ein (Charlotte versteht mit acht Monaten sowieso kein Wort): „Na Charlotte, ich hoffe, dass Sitz 7D auch wirklich cool ist.“ Und dann geht der Spaß los. Plötzlich beginnen viele wartende Passagiere möglichst unauffällig und cool nach ihren Bordkarten zu suchen. Dann verstohlene Blicke auf ihre zugewiesenen Sitznummern. Alle, die nicht in der Nähe von Reihe sieben sitzen, erfüllt große Erleichterung. Sie können ja nicht wissen, dass ich perfide gelogen habe.

Andere wiederum, vor allem Reihen sechs und acht, verkrampfen sichtlich. Aber die Schlusspointe kommt ja erst. Sobald das Boarding beginnt, tue ich so, als müsste ich Charlottes Windel umständlich wechseln (also meistens habe ich das auch tatsächlich gemacht). Damit erreiche ich, dass die meisten Passagiere schon an Bord in in ihren Sitzen sind, bevor wir unseren großen Auftritt haben. Dann gehe ich mit Charlotte auf dem Arm ins Flugzeug. Ich genieße die Angst in den Augen der Passagiere in Reihe sechs, sieben uns acht, die überzeugt sind, dass einer falsch sitzt, weil ich habe ja angeblich 7D. Dann stolzieren wir aufrechten Kopfes an Reihe sieben vorbei und ein großer Teil der Passagiere, nämlich alle die hinter Reihe sieben sitzen, werden schon wieder von einer Welle von von Panik erfasst. Verzweifelt blicken sie sich um. Passagiere, die gerade noch geglaubt haben das große Los gezogen zu haben, weil neben ihnen noch ein Platz frei war, werden von Angstzuständen gepackt. Reihen 1-6 werden ganz plötzlich zu entspannten Kinderliebhabern.

Den Moment auskosten

Wir bewegen uns weiter, während die Augen aller in den Reihen 8-26 auf uns fixiert sind. Und dann erreichen wir unser – bisher perfekt getarntes – Ziel: Reihe 20 Sitz E. Die Passagiere auf Platz 20D und 20F sehen uns an, wie ein junges Rehkitz, das im Dunkeln der Nacht von einem 5er BMW bei Tempo 160 kmh im Scheinwerferkegel auf der Bundesstraße erfasst wurde. Es herrscht völliger Unglaube. Fast könnte man meinen, dass einer der Passagiere aufspringt und verzweifelt ruft: „Warum nur, warum? Sie haben doch vorher am Gate von Sitz 7D gesprochen.“ Aber natürlich traut sich das keiner. Charlotte und ich lächeln unsere Sitznachbarn überlegen an und zwängen uns auf unseren Sitz. Und dann kommt das Finale.

Ich lasse mich in den Sitz fallen. Verstaue Fläschchen, Lätzchen und Spielzeug (am besten eines mit einer durchdringenden elektronischen Melodie) unter dem Sitz. Dann schnalle ich mir Charlotte auf den Bauch, erwidere das Lächeln der bildhübschen Flugbegleiterin (was gibt es anziehenderes für eine junge Frau, als einen liebenden, attraktiven und sympathischen Jungvater) und seufze zufrieden. Dann drehe ich mich zu meinem Sitznachbar und sage: „Also, es sollte alles glatt gehen. Das meiste hat sie schon im Flughafenbus ausgespieben.“ Danke Charlotte für diese schönen Momente.