Comedy nicht für den Moment schreibenBraucht Comedy eine lokalen Bezug? Ganz und gar nicht. In jeder Stadt bzw. jedem Ort gibt es Menschen und Persönlichkeiten die alle vor Ort kennen. Oder es ist gerade in der Region etwas passiert, dass in allen lokalen und regionalen Medien breitgetreten wird. Während es bei Comedy immer richtig ist über die Sachen zu sprechen, die auch beim Publikum gerade aktuell und im Kopf sind, sollte sich vor allem Comedy-Anfänger nicht mit Themen aufhalten, die lokal oder auch nur eine zeitlang heiße Themen sind. Warum? Das ist schnell erklärt.

Wenn man in das Comedy-Geschäft einsteigt, dann möchte man auch irgendwann mal erfolgreich sein. Und erfolgreich sein, vor allem auch kommerziell, bedeutet, dass man versuchen muss möglichst viele Menschen zu begeistern. Gerade wir sind schon durch den deutschen Sprachraum sehr eingegrenzt, wenn es um potentielles Publikum geht. Wenn wir uns dann aber auch noch selbst Grenzen setzen, weil nur bestimmte Regionen unseren Dialekt verstehen, unsere Themen und Eigenarten lustig finden, dann reduzieren wir die Chance auf Erfolg von Anfang an drastisch. Manche Profis aus den USA agieren daher oft von Anfang an nach einem bestimmten Grundsatz, wenn sie Material für die Bühne schreiben: Alles was ich heute schreibe muss auch noch in fünf Jahren in Berlin (Hamburg, Wien, etc.) lustig sein und funktionieren.

Comedy Material nicht für den Moment schreiben

Und das macht Sinn. Gerade am Beginn einer Comedy-Karriere ist es schwer genug lustiges Material zu schreiben, das auch noch auf der Bühne funktioniert. Oft werden Gags erst nach vielen Versuchen bei kleinen Shows oder ersten Auftritten wirklich gut. Der gesamte Prozess vom Schreiben, über das Editieren bis hin zum Erarbeiten des Timings bei Live-Auftritten ist ein Prozess der lange dauert. Das ist völlig normal. Umso sinnloser ist es diesen ganzen Prozess für Material zu durchlaufen, das nur lokal verwendbar oder nur kurze Zeit aktuell ist.

Deshalb sollte man die Witze über Tagespolitik, Society-Geschichten und Medienphänomene Moderatoren, Talk-Show-Gastgebern oder erfahrenen Kollegen überlassen, die entweder ein Autorenteam zur Verfügung oder ausreichend brillantes Material haben und die aktuellen Themen nur so drüberstreuen. Was gestern in der Tageszeitung eine Schlagzeile war ist heute oft schon nach ein bis zwei Tagen „very old News“ und im TV, Radio, Web und Print durchgekaut.

Für kommerziellen Erfolg braucht man großes Publikum

Wer über die zwei kleinen Bühnen im Heimatort oder der Heimatstadt bekannt werden will, muss Inhalte liefern, die auch 1.500 Kilometer weiter nördlich für Lachstürme sorgen. Wer wirklich von diesem Geschäft leben will, braucht einfach eine größere potentielle Publikumsbasis und muss bereit sein, für die „Anderen“ und die Mehrheit zu schreiben, zu formulieren und zu arbeiten. Auch wenn es bedeutet, dass bestimmte Knaller-Gags da und dort gar nicht funktionieren oder nur in sprachlicher Adaption. Wenn man also schon Zeit, Kreativität und Energie in die Entwicklung von Gags steckt, sollten sie Themen berühren und Emotionen wecken, die von der großen Mehrheit verstanden werden. Inhaltlich und sprachlich.