Wer sich viel Comedy, Sit-Coms, Kino-Komödien und Theaterstück ansieht, merkt schnell, dass fast alle Geschichten im Grunde auf ein paar „Ur-Geschichten“ für Comedy basieren. Das sind Abläufe und Storylines, die sich immer wieder für Humor eignen und eigentlich nur seit Jahrzehnten immer wieder – in neuen, kreativen und überraschenden – Zusammenhängen erzählt werden. Wenn man so will, kann man von Grundbausteinen sprechen, die die DNA jeder komischen, aber auch fesselnden, Geschichte darstellen.
In den nächsten Wochen möchte ich in unregelmäßigen Abständen einige dieser „Ur-Geschichten“ vorstellen. Heute die Mutter aller Geschichten: Das Dilemma.
Im Duden wird das Dilemma so umschrieben:
Zwangslage, Situation, in der sich jemand befindet, besonders wenn er zwischen zwei in gleicher Weise schwierigen oder unangenehmen Dingen wählen soll oder muss.
Dilemma zieht Publikum
Genau das wollen wir bei den Protagonisten unserer Geschichten. Je größer das Dilemma für die Heldin, desto größer ist die Chance auf Humor und Komik. Die Spannung, ausgelöst durch das Dilemma, ist die Grundlage. Wenn jetzt unser Publikum – oder unsere ZuhörerInnen und LeserInnen – merkt, dass das beschriebene Dilemma groß, unangenehm, peinlich und persönlich ist, aber die Heldin nicht wirklich körperlich verletzt oder vernichtet werden wird, dann werden sie schnell darüber lachen. Dazu muss die Geschichte, beziehungsweise das Dilemma, allerdings so geschickt eingeführt werden, dass das Publikum merkt, es ist alles nicht ganz ernst gemeint. Wenn wir uns nämlich einfach nur über die Zwangslage eines Menschen mit bösen Witzen und Geschichten lustig machen, dann könnte das als bösartig und ungut missverstanden werden.
Je nach Kreativität können Dilemmas sowohl in einzelnen Szenen, Situationen, Gags als auch als Grundlage für ganze Geschichten genutzt werden. Das Dilemma, das sich auf eine Szene beschränkt, wird für diesen Moment – aber eben nur kurzfristig – für Lacher und Unterhaltung sorgen. Viel interessanter sind Zwangslagen, die von Anfang an in einer Geschichte offensichtlich sind und dadurch permanent für immer größere und witzigere Dilemmas sorgen. Der Vorteil dabei ist, dass die ZuhörerInnen immer weiter an der Geschichte und der Lösung des übergeordneten Problems interessiert sind.
Hier kurz zwei Beispiele:
Kurzfristige Zwangslage oder aber, das Dilemma ist die Geschichte
Momentanes Dilemma:
Die Heldin trifft bei einem Spieleabend einen Arbeitskollegen ihrer besten Freundin, der Hitler wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Sie hat Angst ihn anzustarren, was Falsches zu sagen und kann ihm kaum ins Gesicht sehen.
Dilemma einer ganzen Geschichte:
Die Heldin wird von ihrer besten Freundin angerufen und erfährt, dass diese sich im Urlaub Hals über Kopf verliebt und verlobt hat. Sie will den Mann in vier Wochen heiraten und unsere Heldin soll als Trauzeugin und Wedding-Planerin alles organisieren. Als sie den Verlobten ihrer besten Freundin kennenlernt, steht sie einem Mann gegenüber, der nicht nur wie Hitler aussieht, sondern auch noch so spricht.
Kein Anspruch auf Brillanz bei diesen beiden Beispielen. Ich wollte nur den Unterschied zwischen einer unangenehmen Szene bei einen Spielabend und einem ganzen Film über den Bräutigam Hitler illustrieren.
16 Möglichkeiten für Dilemmas
Das Dilemma ist die Ursuppe, aus der alle interessanten und unterhaltsamen Geschichten entspringen. In zukünftigen Beiträgen werde ich dann zeigen, in welche Arten von Dilemmas man seine HeldInnen bringen kann. Professionelle Comedy-Autoren stützen sich bei fast allen ihren Geschichten auf 16 verschiedene Möglichkeiten. Ich werde versuchen sie im Laufe der nächsten Wochen verständlich zu präsentieren.
2 Responses
[…] geht es in der Serie DNA Bausteine lustiger Geschichten. Nach meiner kleinen Einführung Das Dilemma und Die große Lüge geht es heute um Das große Geheimnis. Eine Geschichtenstruktur, die so nah am […]
[…] DNA-Bausteine lustiger Geschichten: Das Dilemma […]