Comedian Niko Formanek beschreibt die komischen Situationen des täglichen Lebens.

Das Leben ist Comedy. Letzte Woche war ich zum ersten mal alleine in einem H&M. Meine Frau hatte keine Zeit für betreutes Einkaufen und ich wollte mir neue Jeans besorgen. Und weil ich immer für neue Erfahrungen bin, habe ich mir gedacht ich geh mal alleine in den sagenumwobenen H&M. Um die Fakten schnell auf den Tisch zu legen: ja, ich war fähig zwei paar Jeans zu finden, die mir a) passten und b) nicht zu peinlich aussehen. Für einen Mann meines Alters durchaus ein erfolgreicher Ausflug. Als ich mich dann aber mit den Jeans in der Hand in die unglaublich lange Schlange an der Kasse einreihte fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Der H&M ist die perfekte Flirtzone. Weit besser als jede Disco und jedes Clubbing.

Warum? Gehen wir es Schritt für Schritt durch.

  • Anzahl der Frauen, die alleine da sind Nahezu 100 Prozent. Welcher Mann geht schon freiwillig mit seiner Partnerin shoppen? Hier sind sie fast alle alleine. Und da stehen sie dann, allein und verlassen in der Schlange an der Kasse. Glücklich, dass sie gerade Beute gemacht haben, hormonell im Gleichgewicht, aber trotzdem einsam und allein.

  • Einfacher Gesprächsbeginn Mit einer unschuldigen Bemerkung, kann man genau dort, in der Warteschlange im H&M, perfekt ein Gespräch beginnen und auch gleich wichtige Zusatzinformationen erhaschen. Z.B.: »Hallo, also dein Freund muss ein glücklicher Mann sein, wenn er so eine attraktive Frau in diesem Outfit (Geste auf Beute der Frau) sehen darf.« Mit ein wenig Glück bekommt man sofort den Beziehungsstatus (sogar ohne Facebook) mitgeteilt und steht als Mann mit Geschmack und gesundem Urteilsvermögen da.

  • Beleuchtung / Soundkulisse Im Gegensatz zu Clubs, Discos und Clubings ist der H&M gut und relativ neutral ausgeleuchtet. Unter uns Männern: man kann ziemlich gut beurteilen, ob das weibliche Wesen am nächsten morgen ungefähr genauso aussehen wird wie im Moment der Kontaktaufnahme. Und der erträgliche Hintergrundlärmpegel in einem durchschnittlichen H&M lässt tatsächlich Gespräche zu, bei denen man den Gesprächspartner auch versteht.

  • Erster Eindruck Eine Frau, die von einem charmanten Mann mit geschmackvoller Kleidung am Arm in einer Warteschlange im H&M angesprochen wird, wird grundsätzlich positiv reagieren. Immerhin ist das ein Mann der nicht nur selbst einkaufen geht, nein, er goutiert ihre eigenen Kaufentscheidungen und ist dabei auch noch entspannt. So was kennt sie von ihrem Partner sicher nicht. Solche Männer gibt es ja eigentlich gar nicht. Und im Gegensatz zu den Typen, die sich im Wodka-RedBull-Rausch in Clubs endlich genug Mut angesoffen haben um überhaupt den ersten Schritt zu wagen, wird der Mann ihr im H&M weder flüssig ins Ohr lallen, noch rein zufällig die Hand auf Oberschenkel, Hintern oder andere Körperteile ablegen.

  • Ökonomische Faktor Ja, das klingt jetzt wieder furchtbar, ist aber dennoch wahr. Eine Frau in der Warteschlange im H&M anzusprechen ist bei weitem kostengünstiger als jede andere Variation. Wenn der Versuch erfolgreich ist und man das ausgesuchte Teil tatsächlich kaufen muss, ist es meist billiger als jeder Cocktail in einem überteuerten Clubbing. Und wenn es finanziell wirklich eng ist, kann man das Teil ja später wieder zurückbringen.

  • Keine Konkurrenz Mit Ausnahme der Männer die jetzt diese Zeilen lesen, kann man davon ausgehen, dass man als Mann im H&M ziemlich alleine auf Flirtexkursion ist. Der ganze Konkurrenzkampf mit coolen Posen, schlechten Tanzschritten, dummen Anmachsprüchen und großspurigen Lokalrunden um sich gegen weitere Hormonkipferln in üblichen Clubbing-Locations durchzusetzen fällt weg. Die Wahrscheinlichkeit wegen eines Flirtversuchs in einem H&M in eine wüste Prügelei zu geraten ist quasi nicht existent.

Da stand ich also im H&m auf der Mariahilferstrasse, umringt von jungen Frauen die wie reife Früchte quasi am Obstbaum baumelten. Das Problem, ich bin ja eigentlich schon ein gepflücktes Obst und auch nicht mehr im frischesten Zustand. So gesehen muss ich mich ja glücklich fühlen, dass mich meine Frau noch nicht zu Most verarbeitet hat. Aber ein wenig wehmütig war ich dann doch. Wenn es denn H&M schon damals in meiner Jugend gegeben hätte, ich wäre permanent freiwillig shoppen gewesen.