Kletzenbrot — Waffe im AdventJetzt ist es wieder so weit. Die Zeit für besinnliche Adventabende mit Punsch und Bratäpfeln bei den Menschen, die man das ganze Jahr über erfolgreich gemieden hat, ist wieder gekommen. Aber, allein die Tatsache, dass man so einen Abend mit FreundInnen verbringen darf — der, nebenbei gesagt, jeden Aufenthalt in Guantanamo Bay wie einen Wellness-Trip wirken lässt — reicht ja nicht. Es gibt noch Strafverschärfung. Wenn man in der Adventzeit bei Freunden zu besinnlichen Weihnachtsabenden eingeladen wird, muss man natürlich was Passendes mitbringen.

Was bringt man zu solchen Abenden also mit? Natürlich zuerst einmal Alkohol. Reiner Selbstschutz und bewährte Überlebensstrategie. Ein Tipp von mir: die Weinflasche nicht schon zu drei Viertel bei der Anreise leeren und dann unauffällig verkorken. Das fällt auf. Vor allem denen, die tatsächlich nüchtern gekommen sind.

Kletzenbrot — taktische Massenvernichtungswaffe im Advent

Es gibt immer mindesten ein Pärchen, das zu so einem Abend ein „traditionelles“ Weihnachts-Kletzenbrot mitbringt. Ein schöner neuer Weihnachtsbrauch aus meiner Sicht wäre es, diese Leute, die das Kletzenbrot mitbringen, auch gleich dazu zwingen das Brot auf der Stelle selbst runter zu würgen. Die Amis haben in Guantanamo Waterboarding, wir machen das in der Adventzeit ab jetzt mit Kletzenboarding. Statt Waterboarding in Kuba, Kletzenboarding in Penzing.

Natürlich hat das Brot eine Tradition. Das Kletzenbrot kommt eigentlich aus dem alten Ägypten. Es wurde damals von ägyptischen Hohepriestern gebacken, um Kleopatra die VII. Philopator (ja, das ist die, die das Gspusi mit Cäsar gehabt hat) 30 vor Christus zu vergiften. Danach wurde es in der berühmten Bundeslade versperrt, jahrhundertelang herumgetragen. Es tauchte erst 1503 in Rom wieder auf, als Papst Alexander der VI (Rodrigo de Borgia) zusammen mit seinem Sohn Cesare bei einem weihnachtlichen Punschtrinken im Vatikan versuchte einen unliebsamen Konkurrenten zu vergiften. Eigentlich sollte das Brot Silvio Berlusconi serviert werden, aber ein Diener verwechselte die vorbereiteten Teller und so erwischte der Papst selbst ein Stück des Kletzenbrots. Historische Texte beschreiben den Moment so:

Als er starb, habe es im Innern des Körpers zu brodeln begonnen, und aus seinem Munde habe es geschäumt wie aus einem Kessel auf dem Feuer, so lange, bis er schließlich unter der Erde lag. Er sei so stark aufgequollen, daß er jede menschliche Form verloren und daß es am Leichnam keinen Unterschied mehr zwischen Länge und Breite gegeben habe.

Okay, vielleicht hat Silvio doch ein wenig davon abbekommen?

Kletzenbrot — Spur des Grauens

Mir ist es auch so gegangen. Vor zwei Jahren bin ich einmal ganz spät nach Hause gekommen. Ich habe so einen Hunger gehabt. So einen Hunger. Und da war noch dieses Kletzenbrot da, das ich eigentlich nächste Weihnachten wieder Freunden weiter schenken wollte. Ich war verzweifelt und so hungrig. Ich habe die Verpackung geöffnet und „Pffffffffff“ sind Teile des Brots sofort unter meinen Fingern zu Staub zerfallen. Wirklich! Wie bei einer Mumie, die Du nach tausenden Jahren in einer Pyramide entdeckst und bei der Du den Sarkophag öffnest. Trotzdem habe ich ein kleines Stück gekostet. Kurz darauf war ich mir sicher, dass ich sterben werde. Sterben, am Fluch des Kletzenbrots.

Ich glaube ja, kein Mensch hat je so ein Kletzenbrot wirklich ganz gegessen. In der Geschichte der Menschheit hat es wohl überhaupt nur ein halbes Dutzend dieser Brote gegeben. Eines hat Kleopatra probiert, das Zweite Rodrigo de Borja und ein Drittes wäre mir fast zum Verhängnis geworden. Die restlichen drei Kletzenbrote werden seit Jahrhunderten immer wieder ungeöffnet weitergeschenkt. Schönen Advent zusammen!