Mein Sohn ist ja jetzt endlich aus dem Alter raus. Welches Alter? Na dem, in dem sich jeder Weihnachts-, Oster- und Geburtstagswunsch auf irgendwelche Wahnsinn-Sets von PLAYMOBIL oder LEGO reduziert. Zuerst war es PLAYMOBIL mit seinem Piratenschiffen, Burgen, Flughäfen, Polizeistationen und vieles mehr. Später stieg mein Sohn auf die härteren Drogen um, also LEGO, das Meth der 5-10jährigen, das die Eltern innerhalb weniger Stunden von fröhlichen, gut aussehenden Familienmenschen in hässliche, entnervte und kaputte Zombies verwandelt. Vor allem die tausenden Star-Wars-Sets mit unendlich vielen Kleinteilen macht aus durchschnittlichen Familienvätern einen herzlosen Darth Vader mit unüberhörbaren Todessterntrieb.

Die Sadisten sind alle bei PLAYMOBIL

Ich glaube ja fest, dass die Sadisten dieser Welt nicht in strengen Kammern arbeiten sondern bei Spielwarenherstellern. Anders ist es nicht zu erklären, dass alle Bausets Von PLAYMOBIL oder LEGO, bestehend aus tausenden Einzelteilen, in einem Karton mit ca. 12.000 verschweißten Plastiktüten kommen, auf die die Einzelteile methodisch verteilt wurden. Das Problem ist die Methode. Es ist keine zu erkennen! Weder farblich, noch nach Größe, noch thematisch ergibt die Verteilung der Einzelteile auf die mehr als 120.000 Tüten einen Sinn. Die Einzelteile der Piraten sind quer durch verteilt, Teiles des Burgturms sind fröhlich mit den Teilen der Stallungen und der Euter der Kühen gemischt und die Haarteile der Figuren sind in den Kanonen der Piraten versteckt. Ich bin überzeugt, dass sich alle PLAYMOBIL-MitarbeiterInnen am Abend bei Afterwork-Parties auf ein Bier treffen und sich über verzweifelte Eltern wie mich totlachen: »Ha, heute habe ich das Laserschwert extra zu den Pflanzenteilen der Ziertöpfe dazu gepackt. Na da werden sie unterm Weihnachtsbaum wieder weinen, die ach so coolen Väter. Ha, ha, ha (hässliches Lachen wie Dr. Mabuse).«

Mein Albtraum: der Super Star Destroyer von LEGO (3.200 Einzelteile)

Mein persönliches Waterloo war Weihnachten vor zwei Jahren. Mein Sohn wollte unbedingt den Super Star Destroyer von LEGO-Star Wars. Ein sprichwörtlich galaktische Raumschiff bestehend aus 2.344.234 Kleinteilen in verschiedenen Farbschattierungen und mit einer Bedienungsanleitung in klingonisch (ja, ich bin mir bewusst, dass Klingonen nur bei Star Trek vorkommen). Die Anleitung formuliert von offensichtlich betrunkenen Klingonen, die sich in das Star Wars Universum verirrt hatten um Väter wie mich mit klingonischen Anleitungen in den Wahnsinn zu treiben. Ich habe an dem Abend mehr als fünf Stunden gebraucht um das Ding unter der geduldigen und fachmännischen Anleitung meines Sohnes zusammen zu bauen. Um 23:30 Uhr war es dann soweit. Es war vollbracht. Stolz nahm mein Sohn das riesige Raumschiff an sich, drehte sich um, um es Mama zu zeigen, stolperte über den Teppich und der LEGO – Super Star Destroyer absolvierte den ersten Testflug unter Realbedingungen. Inklusive grandioser Bruchlandung und Selbstzerstörung in sämtliche Einzelteile. Noch heute habe ich Panikattacken in denen ich sehe, wie der stolze Raumgleiter am harten Parkettboden einer Wiener Altbauwohnung zerschellt.

Neue Produkte müssen her

Noch was ist so ärgerlich. Mein Sohn, und alle Söhne dieser Welt, sind nun mal Männer. In anderen Worten ausgedrückt, ihre Aufmerksamkeitsspanne beträgt zwischen 10 Sekunden und 15 Minuten wenn es um neues Spielzeug geht. Danach ist der Reiz weg und die Sachen verstauben. Beim LEGO Super Star Destroyer hatten wir also:

  • 5 Stunden erster Zusammenbau

  • 7 Stunden Absturzwrack sortieren und wieder zusammenbauen

und dann über die nächsten Tage insgesamt zwei Stunden Spielzeit. Und seit dem verstaubt das Ding in der weiten Chaos-Galaxie, die sich Kinderzimmer meines Sohnes nennt.

Es ist Zeit für eine neue Produktlinie bei LEGO. Etwas mit einer viel längeren Halbwertszeit. Und da hatte ich eine Idee: das Großprojekte-Desaster-Set von LEGO. Bausätze zu Themen wie z.B. Elbphilharmonie in Hamburg, neuer Flughafen Berlin, etc. Die sind nie zu Ende. Alle paar Wochen kommen neue Teile mit neuen Aufbauanleitungen. Da stehen dann so Sätze drinnen wie: »Aufgrund politischer Vorgaben wird das Bild 17 in Anleitung 2 durch das Bild 24 der Anleitung 3 ersetzt. Bild 17 der Anleitung 2 wird dann zu Bild 12 der Anleitung 4.« Cool, das Ding ist dann nie zu Ende. Ewiger Spielpass. Einziger Nachteil: alle paar Wochen kommt auch eine Aufforderung von LEGO zu Nachzahlungen. So wie im echten Leben halt. Das wär‘ doch mal was? Da könnten die Kinder dann auch was für’s echte Leben lernen.