»Schatz, ich hab da eine Idee« – ein Satz von mir, bei dem meine Frau inzwischen vorhersehbar reagiert. Ihr Puls steigt ein wenig, die Augen beginnen eine Art drehende Umlaufbahn mit Tendenz direkt nach oben, die Atmung könnte auch mit Seufzen verwechselt werden und ihre Stimme bekommt diesen leichten Unterton, den man auch von PflegerInnen kennt, die professionell mit geistig Unzurechnungsfähigen umzugehen haben. Diese physiologischen Veränderungen passieren bei ihr in Sekundenbruchteilen bevor der resignative, aber im Ton doch eher nach „ich liebe dich trotzdem“ klingende, Satz kommt: »Was ist es denn diesmal?«
Trotz meiner Ideen habe ich noch eine Frau
Ich habe einfach Glück gehabt. Meine Frau lebt mit diesem Wahnsinn, also mir, schon mehr als zwei Jahrzehnte, und ist immer noch da. Natürlich habe ich auch ganz blöde Ideen. Z.B. der Versuch als über 40jähriger zu beweisen, dass man auch in diesem Alter noch elegant mit den Ski über eine vereiste Schanze springen kann. Vor Jahren die grandiose Idee das tollste Internet-Cafe der Welt in der Wiener Amerlingstrasse hochzuziehen. Eine Parodie auf die größte Tageszeitung zu machen und dann nach sieben Gerichtsverfahren und zwei polizeilichen Hausduchrsuchungen ca. 200.000.- Euro zu berappen. Oder in Wien einen Comedy Club, bzw. Theater, zu machen, ohne an Korruption, Freunderlwirtschaft und Subventionsernten teilzunehmen. Zugegeben, alles blöde Ideen. Ich bereue aber keine, denn ich habe dafür auch immer machen können was ich mir in den Kopf gesetzt hatte. Trotz aller Dramen, trotz des finanziellen Drucks, es waren auch immer grandiose Zeiten und Momente dabei.
Auch gute Ideen waren dabei. Studium und Jobs in den USA, Wahlkämpfe für die Liberalen, erfreuliche Karriere als Fotograf, tolle Auftritte in Comedy-Shows, der Blog oder auch die beste Idee aller Zeiten: damals so klug gewesen zu sein, meine Frau zu heiraten. Oder besser gesagt, das Glück gehabt zu haben, dass sie mich wollte.
Jede neue Idee ist die Beste meines Lebens
Die Ideen sind natürlich noch nicht das Problem. Das Problem ist eher meine unsägliche Art jede Idee, die ich gerade habe, sofort als die beste Idee meines Lebens zu betrachten. In dem Moment wo sie mir in den Kopf schießt muss auch sofort alles getan werden um sie umzusetzen. »Geht nicht« gibt es in diesem Fall wirklich nicht. Kein Risiko und kein Aufwand ist zu groß. Da bin ich wohl wie ein kleines Kind und für viele Menschen ist das völlig unverständlich. Viele bemitleiden meine Frau und meine Kinder für diesen Wahnsinn, der permanent um mich herum passiert. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ist das alles gut oder eigentlich schlecht? Kann ich natürlich nicht objektiv sagen. Klar, vieles frustriert mich, oft bin ich enttäuscht, manchmal euphorisch aber insgesamt kann ich mich wohl nicht beschweren.
Der großartige Seth Godin hat in seinem Blog einmal über die Angst vor schlechten Ideen geschrieben. Er schreibt, dass die wenigstens Menschen Angst vor guten Ideen haben. Aber die meisten Menschen haben panische Angst vor schlechten Ideen. Ideen die nicht funktionieren, Zeit vergeuden, Kritik herausfordern und uns – das ist das Furchtbarste überhaupt – schlecht aussehen lassen. Godin schreibt aber auch, dass man ohne schlechte Ideen keine guten Ideen haben kann. Maler, Musiker, Comedians, Unternehmer, Autoren, etc. haben immer wieder schlechte Ideen. Sie scheitern auch immer wieder. Oft scheitern sie sogar grandios. Aber sie sind immer noch erfolgreicher als Menschen, die gar keine Ideen haben.
Keine Angst vor schlechten Ideen
Godin erzählt von einem Bekannten, der ihn einmal gefragt hatte wo er denn andauernd seine tollen Ideen für seine Bücher, seine Unternehmen und seinen Blog herbekomme? Er selbst habe in einem Monat vielleicht einmal eine gute Idee. Godin fragte zurück: »Wie viele schlechte Ideen hast du denn in einem Monat?« Sein Bekannter dachte kurz nach und erklärte: »Keine.« Und das ist laut Godin auch schon das Problem.
Ich habe keine Ahnung ob mein Leben ohne meine verrückten Ideen für meine Familie, mich und mein Umfeld viel einfacher und angenehmer wäre. Aber bevor ich Angst habe an einer schlechte Idee wieder eimal zu scheitern habe ich viel mehr Angst keine neue Idee mehr zu haben.
