Schreiben - mit der Panik lebenZu schreiben heißt zu lernen mit Panik zu leben. Immer wenn wir uns an ein leeres Blatt Papier oder vor einen leeren Bildschirm setzen, öffnen wir uns der Gefahr von panischer Angst erfasst zu werden. Viel zu oft wird diese Angst dann so groß, dass sie uns nicht nur lähmt, sondern oft auch aufgeben lässt. Und dennoch ist die Angst vor dem Versagen auch beim Schreiben völlig überbewertet.

Man muss nur wissen, dass sie kommt, dass jeder Autor, Comedian oder Texter sie auch kennt, egal wie erfolgreich er oder sie auch schon sind und das es eigentlich nichts gibt, vor dem man sich so sehr fürchten müsste. In unregelmäßigen Abständen möchte ich mich nun mit einigen Beiträgen zu den häufigsten Formen dieser Panikattacken für Autoren beschäftigen.

Mir wird nichts einfallen

Eine sehr unangenehme Version irrealer Ängste. Das ist die Angst, die uns all die wichtigen Dinge noch schnell erledigen lässt, bevor wir wirklich zu schreiben beginnen. Also den Tische endlich aufräumen, Twitter, Facebook und Email noch einmal checken und die letzten Nachrichten im Web und im Teletext zu checken. Das ist die Angst, die uns nach drei Minuten „schreiben“ aufhören lässt, wenn uns bis dahin nicht eine unglaubliche Romanidee, ein grandioser Witz oder ein brillanter Text eingefallen ist. Nach 2:50 Minuten bestätigen wir uns selbst, dass uns nichts einfallen wird und nach 3:00 Minuten hören wir auf.

Wir haben immer was zu erzählen

In Wahrheit ist das natürlich lächerlich. Sollte uns nämlich nach 3:01 Minuten ein guter Freund anrufen, haben wir plötzlich doch genug Einfälle und Ideen, die wir ihm die nächsten zehn Minuten am Telefon erzählen können. Sogar witzige Dinge, die uns zum Lachen bringen. Wenn wir nach dem Aufgeben des Schreibprojekts rausgehen und gleich auf der Straße eine gute Bekannte treffen, geht uns auch der Gesprächsstoff nicht aus. Selbst wenn wir im Web surfen stossen wir entweder auf einen Artikel der uns ärgert, ein Video das uns fasziniert oder eine Status-Meldung eines Freundes auf Facebook, die wir unglaublich dumm finden. Über all das könnten wir auch sofort schreiben.

Also ignoriere die erste Angst. Wenn Du wach bist und denkst, dann fällt Dir auch was ein. Und wenn es nur eine lose Sammlung freier Gedanken oder eine Assoziationskette zu dem Thema ist, über das Du schreiben möchtest. Überwinde die erste Panikattacke und knall Buchstaben, Wörter und Sätze auf den leeren Schirm. Wenn Du den ersten Schritt gemacht hast, dann merkst Du schnell, dass einem immer irgendetwas einfällt.

Hör nicht auf den Angstmacher

Wir setzen uns in solchen Momenten viel zu sehr unter Druck. Jeder würde natürlich am liebsten sofort brillante Thesen, grandiose Pointen und fesselnde Geschichten in die Tassten hauen. Das geht aber nicht. Auch die erfolgreichsten Autoren schaffen das nicht. Was sie aber schaffen ist, ihren inneren Kritiker, der so laut nach Qualität schreit, stumm zu machen. Sie sind stärker als diese Stimme und schreiben ohne Rücksicht auf Brillanz und Perfektion. Warum sollten sie der Angst auch nachgeben? Warum solltest Du es tun? Du schreibst alleine, auf einem Stück Papier oder in eine Datei, die — wenn Du es nicht willst — nie jemand lesen oder sehen wird. Wovor fürchtest Du Dich also? Der Einzige, der diese Texte je beurteilen — ja sogar sehen wird, bist Du selbst. Also, statt jedes Wort auf die Waagschale zu legen, zu hinterfragen oder gar zu kritisieren, freu Dich lieber, dass Du Deine Kreativität angezapft und den Bildschirm mit Buchstaben gefüllt hast.

Erfolgreiche Profis wissen, dass es nur zwei Alternativen gibt. Dem Druck der eigenen Erwartung nachzugeben und nichts zu schreiben, oder ohne Rücksicht loszulegen, und sich erst später Gedanken über Brillanz und Perektion zu machen. Und diese Härte der eigenen inneren Angstmache gegenüber unterscheidet den erfolgreichen Profi vom unerfahrenen Schreiber, der unter dem Druck der eigenen Erwartungen zusammenbricht und nach drei Minuten aufgibt — und zwar mit der scheinbaren Erkenntnis: »Ich habe ja gleich gespürt, dass mir nichts einfallen wird.«

Beweis mir das Gegenteil

Genug der Aufmunterung. Geh raus aus dem Browser, starte den Text-Editor und hau in die Tasten. Lass Deine Gedanken einfach raus. Und wenn es nur ein paar Ideen sind, die beweisen sollen, dass ich nicht recht habe.