Stermann und Grissemann sind Mario und Cindy

Es ist ja immer wieder faszinierend zu lesen und zu hören mit welcher Überzeugung deutsche Comedy in Österreich als primitiv, geschmacklos und blöd abgekanzelt wird. Gerade unsere einzige (angebliche) Qualitätszeitung sieht sich ja als oberste Geschmackspolizei und publiziert regelmäßig über die schlechte Qualität, die da aus Deutschland kommt. Ich nenne nur die zwei Reizfguren Mario Barth und Cindy aus Marzahn. Ich habe es schon immer für faszinierend gehalten, dass die, die oft aus anderen Anlässen darauf hinweisen, dass über Geschmack in Kunst nicht gestritten werden und dass Geschmack nie ein Qualitätsurteil sein kann, sich selbst nie an diese eigene Überzeugung halten.

Politisch korrekte Geschmackspolizei

Aber – und der Einwurf kommt immer – Comedy (vor allem deutsche Comedy) hat mit Kunst und mit Kultur ja schon gar nichts zu tun, überhaupt wenn wir (also die Zensoren der Qualitätsmedien und ihre FreundInnen) definieren was Kunst und Kultur ist. Nun gut, ist ihr gutes Recht und erklärt auch, warum Geschmack kein Thema mehr ist, wenn es um die politischen Lieblinge der Journalistenamigos und ihrer FreundInnen geht. Bestes Beispiel: Grissemann und Stermann. Die ungustiöse, aber vor allem unlustige, Art wie sie Jörg Haiders Tod abgefeiert haben, ist zur Genüge debattiert und natürlich unter dem Prinzip: »Ja, war geschmacklos aber Kunst« klar entschieden worden. Jetzt haben sie wieder ein Highlight gesetzt. Stermann fragte einen Leichenwäscher, als der in der Sendung sein Arbeitsgerät auspackte, ob er denn nicht auch Teile der gerade eben verstorbenen Margaret Thatcher dabeihabe? Na, das nenne ich mal Comedy mit einem Sinn für guten Geschmack und hohes Niveau. Das Publikum lachte herzlich.

Guter Geschmack wird links definiert

Ich finde das eigentlich ok. Warum nicht Witze über gerade verstorbene Prominente machen? Leichenfledderei war und ist beliebt – vor allem in Wien. Und Pietät braucht bei mir auch niemand zeigen. Aber eines stösst ungut auf. Scheinbar ist es, ob böse Gags erlaubt und angemessen sind, eine Frage der politischen Gesinnung der Verstorbenen. Deswegen habe ich in den letzten Wochen vergeblich auf die geröstete Leber von Hugo Chavez gewartet. Da kam nichts. Und wenn dann Nelson Mandela in nächster Zeit über den Jordan hüpft wird es wahrscheinlich auch keinen Konditor mit Mandel(a)torte in der Sendung geben? Und das ist nicht nur schade sondern heuchlerisch und feige.

Aber jetzt zum Kernthema. Was ist erlaubt und was nicht? In Österreich ganz einfach das was die grün-linke KünstlerInnen und Medienschwestern- und -bruderschaft als Zensoren für zulässig erklären. Politisch unkorrekt ist dann ok, wenn es gegen politisch unerwünschte Menschen geht, aber auf keinen Fall wenn es gegen MigranntInnen, Moslems, Israel, Roma, etc. geht. Dann sind die, die über Leichenteile von Margaret Thatcher auf einem öffentlich-rechtlichen Seziertisch lachen, plötzlich völlig humorbefreit und die oberste Zensurbehörde. Und je öfter Stermann und Grissemann offensichtlich einseitig austeilen umso mehr bestätigen sie die selbsternannten Zensoren, die täglich wie Bluthunde auf der Suche nach neuen politischen Unkorrektheiten sind. Allerdings beißen sie nur zu, wenn die Unkorrektheit aus einer bestimmten Richtung kommt.

Nur mehr politisch korrekt

Warum lösen wir das Problem nicht einfach offen und ehrlich. Vor jeder Show teilen wir Fragebögen aus, wer sich von welcher Art des Humors verletzt fühlen könnte. Da stehen dann Fragen drinnen wie: Gibt es in ihrer Familie Fettleibigkeit? Leiden sie an Diabetes? Sind für sie Witze über Behinderte in Ordnung? Haben sie Migrationshintergrund aber ist es trotzdem ok gegen Minderheiten ihres Ursprungslandes zu polemisieren? Darf ihre Frau über Witze lachen, die sie nicht lustig finden? Fühlen sie sich als Mensch der Stirnbänder trägt diskriminiert? Sind sie vertikal herausgefordert?…

Der Fragebogen wird ausgewertet und dann werden die Witze und Gags angepasst. Der große Vorteil wäre auch – vor allem beim politischen Kabarett -, dass man das Programm dann auch wirklich an die Vorurteile und den Humor des Publikums anpassen kann. Okay, ist wahrscheinlich keine so gute Idee?

Offen gesagt, mir ist völlig egal, welche geschmackliche Untergrenze Witze oder Gags unterschreiten. Wenn mich einer einen fetten, alten, hässlichen und unlustigen Idioten nennt, ist das vielleicht nicht angenehm, aber ich kann damit leben. Ich glaube es ja eh nicht. Und immerhin hat er mir keinen Vorschlaghammer aufs Hirn gehaut. Was mich aber wirklich verstört ist, dass vor allem die, die immer auf Offenheit und Vielfältigkeit pochen, die intolerantesten Besserwisser sind.

Neid als Kriterium

Witze über Tote sind nicht geschmackvoll, egal wie gut sie sind. Sie können aber sehr lustig und großartige Comedy sein. Aber Witze über Frauen und RTL II-Unterschichten sind auch nicht guter Geschmack. Können aber auch lustig sein. Wenn es also um Geschmack, Benutzung von Klischees und Vorurteilen und absurder Überzeichnung geht, dann gibt es keinen Unterschied zwischen Mario Barth, Cindy aus Marzahn und Grissemann und Stermann. Stimmt nicht ganz. Die einen müssen sich selbst finanzieren, während die anderen von Zwangsabgaben finanziert werden. Ah ja und noch einen gibt es. Die ersteren habe ich noch nie öffentlich über die anderen lästern gehört. Wobei das natürlich auch eine Frage des Stils ist und der ist nicht gleichmäßig verteilt.

Die neue, politisch korrekte Zensur

Aber was gar nicht sein kann: Ich kann schlechten Geschmack aufgrund politischer Überzeugungen nicht in einem Fall entschuldigen – oder sogar begrüßen – und ihn im anderen Fall verteufeln und zensurieren. Denn das ist in Wahrheit nichts anderes als Zensur – getarnt mit dem Deckmantel Politische Korrektheit.