Gestern hat mich ein Freund gefragt: »Warum tust du dir das an?« Er wollte wissen, warum ich um 4:30 Uhr in der Früh aufstehe, um den 6:25 Uhr Flug nach Berlin zu erwischen, um am Abend in einer Comedy-Mixed-Show im Scandic Crown am Potsdamer Platz zweimal 15 Minuten zu spielen, am nächsten Tag wieder um 5:00 in der Früh in Berlin losfahre um den billigsten Flug nach Wien zu erwischen. Und ja, das Ganz rechnet sich auch kommerziell nicht. Aber, und das ist der Punkt, es gibt für mich im Moment nichts Schöneres, als Menschen zum Lachen zu bringen. Egal ob 15 Leute, 100, oder mehr als 2.000, egal ob in Wien, Dornbirn, Hamburg, Berlin oder Edinburgh. Ich mache genau was ich machen will. Ich lebe im Moment die tollste Zeit meines Lebens.

Natürlich kann ich das nur machen, weil ich eine Familie habe, die besser und toleranter nicht sein könnte. Die es (noch) hinnimmt, dass ich fast alle meine finanzielle Reserven in einen Comedy Club, in einTheater, in eine Show und in meinen aberwitzigen Versuch gesteckt habe es in diesem Business zu schaffen. So wie ich haben sie auch all den üblichen Neid, die typisch österreichische Miesmacherei, die vielen österreichischen Messer im Rücken, die Verächtlichmachungen vieler angeblich hoch intelligenten Kultur- und Medienmenschen und auch angeblicher Freunde einfach weggesteckt. Dafür kann ich nur dankbar sein.

Es gibt eine Film-Doku mit dem Titel „Comedian“ die den US-Stand-Up-Comedy Star Jerry Seinfeld auf seiner Comeback-Tour begleitete. Manche werden sich vielleicht noch an die TV-Serie „Seinfeld“ erinnern, die in den 1990er Jahren mehr als 10 Jahre der größte Sitcom-Erfolg der US-TV-Geschichte war und dessen Seherzahlen nie wieder erreicht wurden. Am Höhepunkt machte Jerry Schluss. Er könne den Erfolg nicht mehr übertreffen begründete er seine Entscheidung. Nach einigen Jahren Pause wurde Jerry klar, dass er ohne Live-Comedy nicht leben könne. Und so startete er ein Comeback. Allerdings schwor er nicht eine Zeile und nicht einen Gag seiner früheren Programme zu verwenden. Er startete komplett neu und machte sich auf eine zweijährige Tour, wobei er wie jeder andere in allem kleinen Clubs wieder lernte live zu spielen. Und in der Doku scheute er sich auch nicht Auftritte zu zeigen, bei den er gnadenlos vor 30 ZuschauerInnen abstürzte. Vor allem in den ersten Monaten.

Bei einem dieser Auftritte spielte er zusammen mit Jay Leno, neben David Letterman, der erfolgreichste TV-Talk-Show-Moderator der USA. Mit seiner Tonight-Show verdient Leno mehr als 25 Millionen Dollar pro Jahr. Und trotzdem tritt er mindestens alle 14 Tage als Sand-Up-Comedian auf. In ganz kleinen Clubs aber auch größeren Shows. In der Doku entspinnt sich in der engen Garderobe eines kleinen Comedy-Clubs in New York ein faszinierender Dialog zwischen Jerry Seinfeld und Jay Leno. Seinfeld fragt Leno, warum er sich solche Shows vor knapp 70 Leuten und Mini-Gage überhaupt antue? Und Leno antwortet: »Ich habe Angst, dass ich es verlerne wenn ich es nicht dauernd tue. Und außerdem lebe ich davon. Ich rühre keine Cent meiner TV-Gage an. Wer kann schon sagen was die Zukunft bringt? Ich lebe nur von meinem Job: Stand-Up-Comedy.« Natürlich glaubt Jerry das nicht ganz, aber Jay besteht darauf dass es so ist. Und dann fragt Seinfeld seinen Kollegen: »Wenn man dir nur mehr die Wahl lassen würden zwischen all deinem Geld auf der Bank und nie mehr wieder live als Comedian auftreten dürfen oder live auftreten aber dann ist all dein Geld weg, was würdest du machen?« Und Leno antwortet ohne eine Sekunde zu zögern: »Weg mit dem Geld!«

So ist es. Auch bei mir geht es nicht um: „Warum tue ich es mir an?“ sondern um: „Was muss ich mir antun, um es tun zu dürfen und zu können?“ Ich habe gar kein Geld mehr auf das ich verzichten könnte. Ich habe es schon investiert. Und wenn ich Glück habe und alles läuft am Abend gut, dann werden über 200 Menschen gelacht und applaudiert haben. Ich kann im Moment keinen Preis nennen, der mir dafür zu hoch wäre.