Kreativ schreiben

Ja, ich wiederhole mich. Wer kreativ schreiben möchte, muss vor allem eines tun: Schreiben. Immer wieder, wenn möglich täglich und ohne Zurückhaltung. Der einfachste Weg für aufstrebende AutorInnen dies zu tun, ist ein Tagebuch zu führen. Grundsätzlich verstehen wir unter dem Begriff Tagebuch, eine chronologische Aufzeichnung von Erlebnissen und Aktivitäten, die wir in unserem täglichen Leben haben und machen. Ich bin deshalb kein wirklicher Freund des Wortes Tagebuch. Ich halte ihn für zu einschränkend und formal.

Der Begriff Tagebuch und seine Grenzen

Ich ziehe den Begriff Notizen oder Notizbuch vor. Nur weil wir als AutorInnen täglich schreiben sollten, eigentlich müssten, muss es nicht immer nur um Dinge gehen, die auf einer bestimmten Zeitachse liegen und im direkten Zusammenhang mit uns selbst stehen. Ein Notizbuch für AutorInnen ist viel vielfältiger und freier als ein Tagebuch im herkömmlichen Sinn. Ein Notizbuch sollte Texte, Bilder, Ideen, freie Assoziationen, Schreibübungen und vieles mehr beinhalten. Völlig losgelöst von Sinn und Zweck und jeglicher Chronologie. Es soll eben nicht um gut formulierte, zusammenhängende und fertige Geschichten und Informationen gehen, sondern nur um ein kreatives Ventil für alles, dass uns gerade durch den Kopf geht.

Natürlich führen AutorInnen auch Tagebücher, die dem traditionellen Verständnis entsprechen. Sie dokumentieren wen sie wo getroffen haben, wo man war, was man gegessen hat. Aber bei den Einträgen in einem Notizbuch geht es mehr als nur um Dokumentation. Es sollte um Beobachtungen und Erinnerungen gehen, Träume, Wünsche, Fantasien, Gedichte, Emotionen und alles was uns auch emotional bewegt. Wenn wir unsere Notizen schreiben müssen wir uns von allen Regeln und Formalismen lösen und einfach die Worte aus uns rausfließen lassen.

Vom Chaos zum Bestseller

Viele sind verblüfft wenn sie das erste mal wirklich beginnen regelmäßig freie Notizen zu machen und zu sammeln. Oft schreiben sie vor sich hin und haben gar nicht das Gefühl etwas Großartiges zu machen. Und dann plötzlich, ein paar Tage oder auch Wochen später, wenn sie die Texte wieder lesen finden sie Ideen für ganze Romane, Ideen für Gedichte oder auch Kurzgeschichten oder Pointen. Natürlich nicht immer, aber je öfter ich schreibe, je mehr Kreativität in Form von freien Texten und Notizen ich sammle, desto größer ist die Chance auf textliches Gold zu stossen.

Schreibt also jeden Tag. Reduziert die Texte nicht auf die reine Dokumentation und chronologische Erzählung eures Tagesablaufs. Schreibt wenn euch was bewegt. Eine Beobachtung in der U-Bahn, eine Meldung in den Nachrichten, eine Familie auf dem Spielplatz. Ignoriert die innere Stimme der Zurückhaltung und Negativität und interpretiert, fantasiert und analysiert in euren Notizen. Niemand wird die Rechtschreibung, die Formulierung oder die angebliche Sinnhaftigkeit eurer Gedanken beurteilen oder bewerten. Wenn wir täglich schreiben, dann geht es um den kreativen Prozess und die tägliche Übung, nicht um Wahrheit oder Realität. Die chaotischen, emotionalen und scheinbar wirren Notizen täglichen Schreibens machen den fruchtbaren Boden aus auf dem die besten Texte Wurzeln schlagen können, gedeihen und zur Blüte gebracht werden.