Türkische Gemeinde Wien / LEGO

Die Welt ist inzwischen so verrückt, dass man die größten Wahnsinnigkeiten gar nicht mehr erfinden kann. Die Türkische Kulturgemeinde Österreich hat im Lego-Bausatz Jabbas Palace Kulturrassismus entdeckt. Ja, ich habe auch geglaubt ich habe mich verlesen. Wir sprechen von einem LEGO-Bausatz, einem Spielzeug. Aber es stimmt tatsächlich.

Pure Volksverhetzung: Jabbas Palace

Die Kulturgemeinde erregt sich am LEGO STAR WARS-Bausatz mit dem Namen Jabbas Palace, der seit letztem Jahr auf dem Markt ist. Die Generalsekretärin der Türkischen Kulturgemeinde, Melissa Günes, meint allen Ernstes, dass der Wohnsitz des Wasserpfeife rauchenden Bösewichtes – den fetten grünen Jabba – an die Moschee Hagia Sophia in Istanbul erinnere. Außerdem bedeute der Name al-Jabbar im Arabischen der Allmächtige und ist einer der 99 (!) Namen für Allah im Koran. Die Gemeinde will ernsthaft LEGO wegen Volksverhetzung verklagen. Laut der Kulturgemeinde stehen 23 Anwälte zur Verfügung, die bereit sind darzulegen, dass Lego sich der Volksverhetzung schuldig macht.

Ich will gar nicht nachfragen wie viele von diesen Anwälten (von Anwältinnen spricht dort niemand) weiblich sind? Aber das ist jetzt natürlich von mir jetzt wieder unfair, denn angeblich bekommen nur ganz wenige türkische und türkischstämmige Frauen überhaupt eine faire Chance zu studieren. Manche dürfen nicht einmal zur Schule gehen. Selbst in Österreich im 21. Jahrhundert. Und das ist die reale Welt in der wir leben. Uuups, darf ich das überhaupt schreiben?

Aber zurück zum Thema: Hallo, Frau Günes! Star Wars ist erfunden. Jabba ist laut Star Wars Lexikon ein riesiger schneckenartiger Hutt mit schleimiger Haut, unstillbaren Appetit und einem gierigen Maul. Den gibt es nicht wirklich, ehrlich nicht (na ja, außer bei RTL II in diversen Reality Soaps). Wo hingegen Ehrenmord, Diskriminierung und politische Verfolgung im wahren Leben existieren.

Was ist sonst noch volksverhetzend an LEGO? Das Dach von Jabbas Palace (nochmal, den gibt es nicht wirklich) hat die selbe Form wie die berühmte Hagia Sophia Moschee in Istanbul. Ah, jetzt plötzlich verstehe ich. Damals war ich nur verwundert.

Mein Neffe – Opfer der Volksverhetzung

Ich kann mich noch erinnern, wie ich meinem 9-jährigen Neffen das Set letzten Herbst gekauft habe. Da hat er mich sofort darauf angesprochen. Völlig überraschend hat er zu mir gesagt: »Onkel Niko, ich verstehe die subtile, versteckte Botschaft von George Lucas und LEGO. In der berühmten Hagia Sophia lebt ein riesiger schneckenartiger Hutt mit schleimiger Haut, unstillbaren Appetit und einem gierigen Maul, der Jabba heißt. Wie der mit dem Palast von Tatooine nach Istanbul gekommen ist verstehe ich noch nicht ganz. Aber nachdem ich erst unlängst, in der 3. Klasse Volksschule, die 99 Namen von Allah gelernt habe, hat sich mein Weltbild des Islams mit dem Set völlig verändert. Es ist nicht mehr von meinem Freund Mohamed, der neben mir sitzt und ein geiler Kicker ist, geprägt, sondern ich habe Angst, dass in ihm ein grüner, schleimiger, schneckenartiger Hutt lauert.« Ich war damals völlig verblüfft. Aufgrund der letzten Pisa-Ergebnisse hatte ich mir nicht vorstellen können, dass ein Drittklässler überhaupt wissen kann, dass die Türkei ein anderes Land ist, dass die Hauptstadt Istanbul und die berühmte Mosche Hagia Sophia heißt. Ich habe scheinbar die perfide rassistische Hetzpropaganda von George Lucas nie verstanden. Aber ich kannte ja nur die Filme und LEGOS Bausatz noch nicht.

Was stört die Kulturgemeinde noch? Ah ja, der Turm, den sie praktischer weise als Minarett bezeichnen. Denn gegen einen einfachen Turm kann man sich nicht so gut erregen. Ich muss allerdings zugeben, dass der Turm von Jabbas Palace das komischste Minarett ist, dass ich je gesehen habe. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, es gibt kein Minarett weltweit, dass dem Turm auch nur ähnlich ist. Wenn wir allerdings beginnen jeden Turm im Kern auch als Minarett zu sehen, dann bekomme ich Angst um den Wiener Donauturm oder auch den Berliner Fernsehturm. Denn in diesen Türmen herrscht Sodom und Gomorrha. Da wird Alkohol gesoffen und Schweinefleisch vernichtet. Offensichtlich sind diese Türme dann auch interkulturelle, unsensible, unterschwellige und rassistische Versuche der Volksverhetzung. Vielleicht finden wir noch irgendwo 42 Anwälte die dagegen vorgehen könnten?

Nächster Punkt. Im Minarett sei bei LEGO ein Muezzin als Krimineller mit Axt und Maschinengewehr dargestellt. Stimmt nicht. Im Turm steht laut Star Wars Lexikon eine Gamorreaner-Wache. Diese – ich zitiere aus dem Lexikon – unterbelichtete, brutale Gamorreaner stehen Jabba als Leibwächter zur Seite. Sicherheitshalber noch einmal der Hinweis: die gibt es in Wirklichkeit nicht. Der ist nicht echt.

Aber viel verblüffender finde ich, worüber sich die Türkische Kulturgemeinde Österreichs erregt. Auf einem von ihr beschrifteten Foto von Jabas Palace im Internet steht bei einem Pfeil, der auf den Gamorreaner zeigt:

Der Muezzin als Krimineller mit Axt und Maschinengewehr.

Was scheinbar kein Problem ist, ist die Tatsache, dass der Muezzin (also der Gamorreaner) ein Männchen ist, mit einem Gesicht, das einer Mischung aus Nilpferd und Nashorn entspricht, zwei Hörner auf dem Kopf hat und grün ist. Grün – soweit mir bekannt, eine der wichtigsten Farben des Islam – und wenn man sich schon verfolgt und beleidigt fühlen will dann wäre die farbliche Gleichsetzung mit peinlichen politische Parteien wohl das Ehrenrührigste an dem ganzen Männchen. Dass der grüne Wicht auch noch unterbelichtet und brutal ist, scheint niemanden zu stören. Das wird auch nirgends erwähnt. Hey, aber die Axt und das Maschinengewehr! Damit werden also Vorurteile gefördert. Ganz im Gegensatz zu den täglichen Bildern im TV, wo Menschen im echten Leben – blutjunge, verführte und verblendete Märtyrer – von tausenden Menschen mit Maschinengewehren bei Demos gefeiert werden.

Klagen wir LEGO – Medienecho garantiert

Klar, verklagen wir LEGO, denn die wahren Gründe für Rassismus, Unmenschlichkeit, Ungleichheit und Unrecht sind halt auch mit 10.000 Anwälten nicht vor Gericht bekämpfbar. So ist es einfacher und vor allem muss man nicht vor der eigenen Türe kehren und dort den täglichen Rassismus und die tägliche Diskrminierung sehen und erkennen. So lange man nur medienwirksam ein Spielzeugunternehmen angreift.