Humor liegt im Detail Wenn man Comedy-Material schreibt sollte man Verallgemeinerungen immer vermeiden, denn der Humor und seine Magie liegt im Detail. Statt über „Brot“ zu sprechen ist es besser über Bauernbrot oder Toastbrot zu reden. Wenn ich von so „einem richtigen saftigen Bauernbrot mit knuspriger Rinde“ spreche, werden fast alle im Publikum ein bestimmtes Bild im Kopf haben. Sie alle werden sich an Momente in ihrem Leben erinnern, an denen sich auch so ein Stück Brot vor sich gehabt und dann vielleicht gegessen haben. Und im besten Fall wird es ihnen damals gut geschmeckt haben und sie sich mit Freude daran erinnern. Natürlich kann man das Bild auch negativ zeichnen und statt „Brot“ von so einem „letscherten, schon voll gesogenen, Weißbrot-Toast-Lappen“ erzählen, der auch bei den meisten ZuhörerInnen ein ähnliches Bild vor ihrem geistigen Auge erzeugt.

Wenn ich als Comedian nur von einem „Brot“ erzähle, dann werden viele im Publikum verschiedene Bilder im Kopf haben. Sie könnten dann z.B. an Schwarz- oder Weißbrot, Toastbrot, Baguette oder Vollkornbrot denken. Und je nach persönlichem Geschmack werden sie je nach Bild bestimmte Emotionen damit verknüpfen. Wenn ich als Künstler aber eine bestimmte Emotion brauche damit mein Gag funktioniert, muss ich das „Brot“ so beschreiben, dass ich davon ausgehen kann bei den meisten ZuhörerInnen die gewünschte Emotion (Freude, Ekel, Enttäuschung, etc.) auszulösen. Diesen Vorgang bezeichnen wir Comedians gerne als „Kopfkino“. Je erfolgreicher wir unsere Texte so formulieren, dass die ZuhörerInnen in ihrer persönlichen Vorstellung und Fantasie uns emotional folgen, aber dann natürlich von unseren Pointen überrascht werden, umso größer wird der Lacher. Die besten Comedians schaffen es schon allein durch die, im Kopf der ZuhörerInnen, erzeugten Bilder Lachsstürme auszulösen und heben sich so von der Masse der durchschnittlichen Künstler ab.

Aber – auch im Detail nicht übertreiben

So schön und hilfreich eine detaillierte Beschreibung ist, man darf natürlich nicht übertreiben. Unter „Vollkorn-Bio-Ziegel“ können sich viele bestimmtes Brot vorstellen. Wenn ich aber auf der Bühne sage: »Dieses Vollkorn-Bio-Brot, ganz schwarz, mit Kürbiskernen und in der Mitte einem Gerstenkorn und einer so einer rauhen Struktur…« dann ist das erstens natürlich viel zu lang (viel zu viele Worte) für Comedy und zweitens lasse ich keinen Raum mehr für die Fantasie meiner ZuhörerInnen. Die müssen jetzt genau zuhören um sich genau das Vollkorn-Brot vorzustellen, das ich gerade beschrieben habe und haben so gar keine Chance ihr eigenes. ungeliebtes Bio-Wollkorn-Brot in ihren Köpfen zu sehen. Das wird nicht funktionieren, weil sie zu dem Brot, das ich beschrieben habe keine emotionale Bindung haben. Zu dem Brot, das ihnen bei einer gerade noch ausreichend detaillierten Beschreibung als ihr „verhasstes“ Bio-Brot einfällt, da haben sie sehr wohl starke Gefühle. Und diese Gefühle nützt der Profi für Komik aus.

Richtig ist es mit ausreichend detaillierten Beschreibungen von Menschen, Dingen und Situationen, jene Emotionen beim Publikum zu wecken, die mich bei meinen Gags unterstützen. Es ist der Versuch, bei möglichst vielen der ZuhörerInnen ein ähnliches Bild vor ihrem geistigen Auge zu formen, um sie alle auf meine Pointe vorzubereiten. Aber man darf dabei nicht übertreiben und so sehr ins Detail gehen, dass man immer mehr auf dem Weg zum gemeinsamen Bild verliert. Es kommt darauf an die Vorstellungskraft der Menschen anzuregen, sie in eine Richtung zu lenken aber sie nicht zu sehr einzugrenzen.