Comedy- und KabarettwettbewerbDiesen Beitrag schreibe ich aufgrund einer Herausforderung. So sind wir Männer halt. Provoziere mich ein bisschen, fordere mich heraus und schon kann ich mich nicht zurückhalten. So ist es dazu gekommen: Ich habe zum zweiten mal an einem Comedy-Award (Wettbewerb) teilgenommen und bin mit Bomben und Granaten durchgefallen. Während des Auftritts war alles super: große Lacher, immer wieder Applaus, aber irgendwie war das bei der Preisvergabe nebensächlich. Nun, ich bin 47 Jahre alt, Familienvater und leidgeprüfter Österreicher, daher habe ich gelernt Ablehnung mit stoischer Gelassenheit und gemütlicher Ignoranz zur Kenntnis zu nehmen. Mein Ego leidet darunter nicht sonderlich, da es eh zu groß ist. Leid getan haben mir aber einige der anderen, vor allem jüngeren, KünstlerInnen, die auch teilgenommen und nicht gewonnen hatten. Da war viel Enttäuschung, Verunsicherung und auch böses Blut nach der Show. Fast die Hälfte der Kolleginnen sind gar nicht mehr zum gemeinsamen Abschlussessen und Zusammensitzen nach der Show gekommen. Das war schade.

Bei diesem Abendessen hat mich dann ein Kameramann eines TV-Teams darauf angesprochen, dass er meinen Blog gesehen hätte. Wenn ich schon so obergescheit und neunmalklug über Comedy und Kabarett schreibe, fragte er mich, warum ich dann nicht gewinnen oder zumindest eine Anleitung zum Gewinnen schreiben könnte. Und damit hatte er eigentlich recht. Warum ist das so? Und jetzt sitze ich da und schreibe. Zuerst ein paar allgemeine Eindrücke, die ich im Laufe der letzten 18 Monate gesammelt habe, nachdem ich jetzt ca. 10 Kabarett- und Comedy-Wettbewerbe moderiert und an zwei ohne Erfolg teilgenommen habe.

Wettbewerbe ohne nachvollziehbare Kriterien sind wertlos

Wenn im deutschsprachigen Raum ein Comedy- oder Kabarett-Wettbewerb ausgeschrieben wird, dann ist das meist (Ausnahmen bestätigen die Regel) ein massiver Etikettenschwindel. Es sind eben keine Comedy– oder Kabarett-Wettbewerbe. Es sind Mixed-Shows, die so getarnt werden. Da spielen dann Kabarettistinnen, Clowns, Zauberer, Bauchredner, Stand-Up-Comedians, Musiker und KünstlerInnen eine Show, entweder unter dem Label Comedy oder Kabarett. Das ist so als würden unter der Marke Formel 1 Autorennen veranstaltet werden, bei denen Rennwagen, Kutschen, Tandems, Tretroller, Jogger und Reiter gegeneinander antreten. Und nicht nur das, wäre es wie bei den Comedy- und Kabarett-Wettbewerben, dann gebe es auch in dieser Formel 1 keine klaren Kriterien warum wer gewinnt. Da ginge es dann nicht darum wer wohl der Schnellste ist, sondern vielleicht um Aussehen, Eleganz, Geschlecht, Liebesleben oder what the fuck? So genau könnte und kann das niemand sagen. Solange also Genres auch bei Wettbewerben nicht klar getrennt werden ist ein solcher Wettbewerb völlig wertlos.

Wettbewerbe sind die günstigsten Mixed-Shows für VeranstalterInnen

Wir wissen es doch alle. Wettbewerbe werden dann veranstaltet, wenn ein Veranstalter nicht die Eier hat von vornherein zu sagen: »Ich möchte eine großartige Mixed-Show machen ohne Gage zu zahlen!« Versteht mich nicht falsch. Das ist sein/ihr gutes Recht das zu wollen und es ist unser Recht mitzumachen oder nicht. Wir sind erwachsen und niemand kann uns zwingen. Aber es ist absurd aus dem mehr oder weniger erfolgreichen Abschneiden bei einer solchen Show Rückschlüsse auf die eigene Qualität zu ziehen. Oder besser gesagt, das Nicht-Gewinnen als ein K.O. zu empfinden. Am Ende gibt es nur einen Wettbewerb den wir alle bestehen müssen: Schaffen wir es genügend ZuschauerInnen zu finden, die bereit sind für unsere Show zu bezahlen?

Alibi Publikumswertung und Jurywertung

Ich glaube nicht, dass es Menschen gibt, die tatsächlich glauben eine Publikumswertung bei einem Wettbewerb sage irgendetwas über Qualität aus. Die Publikumswertung hat einen einzigen Grund: Ticketverkauf. Natürlich hofft jeder Veranstalter, dass die KünstlerInnen soviel Familie, FreundInnen und SklavInnen wie möglich zur Show bringen um sie mit ihrer Stimme zu unterstützen. Das garantiert Ticketverkauf und somit Einnahmen. Völlig klar, dass Oma, Opa, Tante, Onkel, Papa, Mama, Freund, Lover, etc. nie und nimmer neutral abstimmen. Ist aber auch völlig okay, denn wer zahlendes Publikum bringt soll gewinnen. So ist das Leben nun mal.

Um diesem Phänomen gegenzusteuern gibt es ja angeblich die Jury-Wertungen. Na das ist doch auch ein Hohn. Da sitzen dann mehr oder weniger kompetente Menschen, alle zwischen 45 Jahren alt und Verwesung, fest seit Jahrzehnten in ihren Vorurteilen und persönlichen Geschmacksrichtungen verhaftet (im Prinzip wie KritikerInnen) und richten. Dazu kommen manchmal dann auch noch irgendwelche B- und W-Promis, SponsorenvertreterInnen und andere Existenzen, die weder das Geschäft noch ihre Berufung in die Jury wirklich verstehen. Nicht schön, aber so ist es nun mal so. Da kann man jammern soviel man will, das wird sich nicht ändern. Wer mitmacht muss sich dieser Gemengelage bewusst sein und die Urteilskraft solcher ExpertInnen dementsprechend einordnen. Es gibt keine bessere Möglichkeit es anders zu machen, also leben wir damit und nehmen das genauso ernst wie das Versprechen von Ehemännern, dass »das iPad sicher das letzte High-Tech-Gadget ist, das ich unbedingt kaufen muss. Und überhaupt werde ich es Jahrzehnte nutzen und damit mein Leben total strukturiert und effizient gestalten. Das kommt dir auch zu gute. Also, eigentlich kaufe ich es ja nur mir für dich, Schatz.«

Wie gewinne ich also?

Okay Niko, genug geschwafelt. Wie gewinne ich die Scheiß-Dinger jetzt? Ich würde sagen so:

Publikumspreise – Einfachste Möglichkeit: bring alle Verwandten und FreundInnen mit die Laufen und mit einem Stift ein Kreuzerl machen können. Da bist du auf der sicheren Seite. Wenn du aber weit gereist bist und du keine Zwangs-Fan-Gruppe vor Ort haben kannst, dann besorg dir ein Tier. Ein süßes Tier (BauchrednerInnen brauchen das nicht, die haben eh Puppen mit so schönen großen Augen). Dein Ziel ist es, alle ZuschauerInnen für dich zu gewinnen, die familiär und sozial nicht an KonkurrentInnen gebunden sind. In Deutschland hat ein Hund DSDS gewonnen, in Österreich hat ein Hund die Große Chance gewonnen. Massen können sich nicht irren. Wenn du mit einem süßen Tier (Hund, Schimpanse, Panda-Bär, etc.) auf der Bühne bist und es nicht öffentlich schlachtest, solltest du bei Publikumswertungen eine reelle Chance haben.

Jurypreise – Bedenke das Alter der Jurymitglieder, sei dir im klaren, dass sie seit Jahrzehnten im Kabarett-Genre tätig sind und das die Wahrscheinlichkeit sie innerhalb von 6 – 15 Minuten in Comedy-Fans (vor allem primitive Stand-Up-Comedy) zu verwandeln gegen Null tendiert. Mein Gefühl ist inzwischen, dass ein linkspopulistisches (politisch), antikapitalistisches Gemisch aus mehr oder weniger klugen Ressentiments und Schlagwörtern wohl das beste Rezept ist. Wichtig ist, dass Politiker verarscht (ganz besonders geeignet: FDP, CDU, CSU in Deutschland, FPÖ, BZÖ, Stronach in Österreich, etc.) werden, Kapitalismus (Banker, Industrielle, Reiche,..) gebrandmarkt und Leistungsdruck als die Wurzel allen Übels präsentiert wird. Mit einer klugen Mischung dieser Themen, Vorurteile und Mythen wirst du sowohl die ExpertInnen der Jury aus der Branche als auch, dass meist völlig überalterte, aber auf diese Themen erzogene Kabarett-Publikum auf deine Seite bringen. Sollten die Promimitglieder der Jury dies vielleicht nicht ganz so sehen, dann werden sie sich hüten gegen die ExpertInnen die Stimme zu erheben und trotzdem für dich stimmen.

Lacher und Applaus sind keine Kriterien – Ganz wichtig. Ein tobendes, sich bestens amüsierendes Publikum ist kein Kriterium bei einem Wettbewerb. Beim Publikumspreis müssen die armen ZuschauerInnen ja für ihr Schatzi abstimmen, auch wenn sie bei einem anderen mehr gelacht haben. Wer will schon einen Familienkrach riskieren? Na und bei einer Jury ist hohe Publikumszustimmung, große Lacher und Applaus eher nur ein Hinweis auf die offensichtliche Primitivität des Materials, die populistischen Effekthascherei und des Verkaufs der künstlerischen Seele. Zuviel Lacher könnten dir in einem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit die Chance auf einen Preis nehmen.

Die Erfolgsformel ist klar

Wenn man also eine möglichst prägnante Erfolgsformel formulieren will um Preise bei Kabarett- und Comedy-Wettbewerben zu gewinnen würde ich es so machen:

(Linkspopulismus + PolitkerInnenschelte + Kapitalismuskeule)

x (Kuschelfalktor süßes Tier + Durchmesser süße Augen des Tieres in cm)

= Prozent Wahrscheinlichkeit für Publikums- oder Jurypreis

Ich glaube, ich probiere die Formel vielleicht beim nächsten mal aus. Ob mir der Zoo wohl einen Panda-Bären borgt?