Pure Angst  - Lampenfieber

Der Puls steigt, die Umgebungsgeräusche verkommen zu einer Art Lautsuppe, die Atmung wird flacher, das Schwitzen kommt – und dann ist der Moment da. Raus auf die Bühne und ab ins Haifischbecken. Jeder der schon einmal vor anderen auftreten musste, um Menschen zum Lachen, zum Nachdenken oder zum Agieren zu bringen, kennt das Lampenfieber. Vor allem am Anfang, wenn vieles was da passiert ungewohnt und zum Teil auch beängstigend ist, ist das völlig normal. Und inzwischen kenne ich einige KollegInnen, bei denen sich diese „Lampenfieber-Zustände“ selbst nach hunderten von Auftritten immer wieder einstellen.

Also, die schlechte Nachricht ist, man kommt nicht drum herum. Die gute Nachricht, man kann viel dagegen tun. Ich selbst gehöre glücklicherweise zu den Menschen, bei denen sich das große Lampenfieber relativ schnell gelegt hat. Ich spüre es nicht mehr. Was auch nicht immer von Vorteil ist. Wenn man nach acht Stunden Zugfahrt, völlig gerädert hinter einen Bühne sitzt, davor noch dummerweise gut gegessen hat, kann Lampenfieber sogar einen wunderbaren Weckeffekt haben. Es sorgt für Adrenalin, Energie und Kraft. Deswegen sind viele Kollegen auch froh wenn das Gefühl nie ganz verschwindet. Ich hole mir meinen „Push“ dann immer erst in der letzten Sekunde vor meinem Schritt auf die Bühne, wo ich das Publikum schon förmlich spüren kann.

Was kann aber tun, vor allem bei den ersten Auftritten, um nicht vom Lampenfieber völlig aus der Bahn geworfen zu werden. Es gibt da einige Möglichkeiten.

1. Erkenne was für Typ du bist

Jeder Mensch geht mit seinen „Problemen“ anders und individuell um. Manche RednerInnen und KollegInnen kapseln sich vor einem Auftritt völlig ab. Sie verschwinden in eine Garderobe, einen Waschraum, eine Besenkammer, ganz egal, um für ein paar Minuten völlig allein zu sein. Sie wollen jede Situation vermeiden, in der sie angesprochen oder abgelenkt werden könnten. Sie brauchen diese Isolation und sie wird Teil ihres Rituals vor dem Schritt vors Publikum.

Andere beginnen in der gleichen Situation plötzlich ganz viel zu reden. Kommunizieren, erzählen Geschichten, Anekdoten und brauchen menschlichen Kontakt. Sie freuen sich über Aufmunterung von KollegInnen und Verantwortlichen. Bestärkung hilft ihnen. Natürlich sollte man genau diese Kollegen von den vorher genannten fern halten. Aber wenn man selbst damit umgehen kann, kann man ihnen helfen. Ein, zwei nette Worte und die ganze Stimmung kurz vor der Show wird gleich ganz besser.

Finde dein eigenes Ritual. Hör in dich hinein und lerne was dir am besten hilft. Alles ist ok, solange es nicht andere KollegInnen beeinträchtigt und sie in ihrer Vorbereitung stört. Es gibt KollegInnen, die lernen bis zur letzten Sekunde ihren Text, selbst nach hunderten Auftritten mit genau diesem Text. Aber wenn es hilft, es ist ok. Beobachte dich, deine KollegInnen und andere und finde deinen persönlichen Weg.

2. Es gibt keinen Weltuntergang

Bleib ruhig und erkläre dir selbst, dass man immer überlebt. Selbst wenn das Publikum nichts lustig findet, du den Text vergisst oder andere Katastrophen passieren, geht das Leben weiter. Du bist Mensch und nicht fehlerfrei. So lange es dir nicht in einer TV-Sendung vor hunderten Millionen von Menschen passiert wird schon am nächsten Tag alles vergessen sein. Es gibt keine Garantie für Erfolg. Gags, die an einem Abend total die Hütte gerockt haben, können am nächsten Tag untergehen. Echte, wirkliche Katastrophen haben schwerere Konsequenzen als ein klein wenig angeschlagenes Ego nach einem verunglückten Auftritt. Also, gib dir die Erlaubnis zu entspannen und den Moment zu genießen.

3. Atmen

Wie beim Sport, vor allem beim Krafttraining, atme ruhig. Direkt vor deinem Auftritt atme ein paar mal ganz tief durch. Wie magisch sieht die Welt danach anders und vor allem entspannter aus. Ganz wichtig: auch in dem Moment in dem du auf der Bühne zum Mikrofon kommst, der Auftrittsapplaus abebbt, nimm dir noch einmal ein paar Sekunden und atme noch einmal tief durch. Dann beginnst du nicht zu schnell, kurzatmig und hektisch. Deine Entspanntheit wird das Publikum unbewusst aufnehmen und auch entspannen. So wird alles leichter.

4. Dehnen – WarmUp

Manche KollegInnen schwören auf Stretching und ganz persönliche körperliche Übungen. Die sitzen, liegen und stehen dann irgendwo hinter der Bühne, in der Garderobe oder auf einer Wiese in der Nähe der Location und bringen ihren Körper auf Temperatur und entspannen dabei. Luftboxen, Liegestütz, Rückwärtsrollen, Spagat, alles schon gesehen. Probiere es aus und wenn es hilft mach es zum Teil deines Rituals. Ich selbst mache manchmal ein paar schnelle Übungen, wenn ich vor einem Auftritt wirklich müde und geschlaucht bin um einfach Energie aufzubauen.

5. Meditation

Einige Kollegen haben verschiedene Meditations-Techniken mit denen sie in einen entspannten Zustand kommen. Manchen können das sogar zu gut. Ich habe einmal einen Kollegen erlebt, der war dann so relaxed, dass er bei den ersten Minuten auf der Bühne nicht genug Energie hatte. Aber trotzdem war es nicht allzu schlimm, denn die ZuschauerInnen waren zumindest total entspannt. Es gibt auch diverse Entspannungsübungen, die aus dem Schauspielbereich kommen. Die sind ganz einfach via Google zu finden.

Lampenfieber ist normal

Wenn du starkes Lampenfieber hast, mach dich selbst nicht zu nervös und auch nicht fertig. Es ist völlig normal. Akzeptiere es und lerne damit umzugehen. Höre in dich hinein und finde die Techniken, die es dir ermöglichen entspannt und mit Freude auf die Bühne zu gehen. Du tust dir, aber vor allem auch dem Publikum, einen riesigen Gefallen. Es ist verblüffend, ZuschauerInnen spüren immer instinktiv, ob ein Künstler sehr aufgeregt oder nervös ist. Sobald sie es merken, überträgt sich ein wenig dieser Nervosität auf die Menschen im Publikum. Deshalb ist es wo wichtig damit umzugehen zu lernen.

  • Freu dich auf den Auftritt

  • Atme vor dem Auftritt ein paar mal durch

  • Atme noch einmal vor deinen ersten Worten durch

  • und vor allem: Lächle! Das ist die Wunderwaffe!