Abercrombie FitchAbercrombie und was? Wir mussten rein. Der Blick meiner Tochter sagte alles: »Papa, auch wenn hier eine Schlange von Menschen, zurückgehalten von einem Sercurity-Mann, dichtgedrängt vor einer Filiale eines Bekleidungskonzerns steht und die Wartezeit auf ca. 35 Minuten geschätzt wird, werden wir da reingehen.« Wo wir waren? Hamburg, direkt vor einer der angeblich so seltenen Filialen von Abercrombie & Fitch in Europa. Wer ein Kind im Teenager-Alter hat, der weiß genau wovon ich spreche.

Die wunderbare Welt von Abercrombie & Fitch

Warum sich Menschen anstellen, um in einer Art kik – mit besserer Marketingstrategie und unglaublichen Preisen für bunte Chinaware verziert mit coolen US-Surfer-Stickereien – zu erwerben, wird schnell klar. Sobald man den Security-Mann überwunden hat taucht man ein, in die fantastische Welt von Abercrombie & Fitch. Gleich am Eingang wird man von einem sprichwörtlich halbnackten männlichen Model empfangen, mit gemeißeltem Körper, perfektem Six-Pack und unglaublicher Coolness. Empfangen hat er uns mit einem lässigen »Willkommen und Chilllax!“. Ich nehme an, das Wort war eine kreative Kombination von „Chill und Relax“. In meinem Kopf verursachte die Begrüßung unangenehme visuelle Assoziationen mit Chilli und Laxativ. Aber ich bin ja auch schon 47 Jahre alt. Der junge Mann war dann auch plötzlich gar nicht mehr so relaxed, als ich ihm – einfach so aus Spass – beim Foto am rechten Brustnippel nahm. Na ja, meiner Tochter war das alles nur peinlich.

Das Verblüffende Abercrombie & Fitcht ist, dass es eigentlich alles das hat, was wir uns in einer Disco in den späten 80ern des vorigen Jahrhunderts gewünscht hätten. Intellektuell herausgeforderte bildhübsche Model/VerkäuferInnen, kaum Licht, ohrenbetäubende Musik und Parfüm, das alle 10 Minuten von Deckendüsen eingesprüht wird. Wäre ich ein übermäßig politisch korrekter Mensch, würden mich Deckendüsen aus denen undefinierte Gase strömen ein wenig beunruhigen. Bin ich aber nicht. Im Gegenteil, ich sehe darin viele positive Aspekte.

Abercrombie & Fitch lässt uns duften

Hätten wir so ein System in der Disco gehabt, hätte ich nach zwei Stunden Lambada und dem damit verbundenen osmotischen Verlust meiner kompletten Körperflüssigkeit nie gestunken. Ja, ich hätte noch immer wie eine Sau geschwitzt aber dabei trotzdem wie ein Prinz geduftet. Hätten alle Handelsunternehmen ein solches Decken-Duft-Verteilungssystem, wären auch unsere U-Bahnen ein Hort nasaler Genüsse.

In Wahrheit ist Abercrombie & Fitch in diesem Bereich quasi das neue Apple. Alle Eigenschaften einer ihrer Filialen wären ein Gottesgeschenk in vielen anderen Bereichen. Z.B. in diversen öffentlichen Toilettenanlagen. Kein Licht, laute Musik und regelmäßige Duftattacken aus der Luft? Mein Gott, da wäre sogar ein erzwungener Zwischenstopp in einer Flughafen-Toilettenanlage mit 32 Kabinen, in der ein anderer Passagier in der Nebenkabine gerade die Reste des superscharfen Chilli-Tellers des Vorabends auf einer Brandspur unter hollywooddesken Soundtrack entsorgt, erträglich.

All dies schoss mir durch den Kopf, als ich im Geschäft geduldig auf meine Tochter wartete, die mit bewundernswerter Ruhe am Eingang, dann bei der Umkleidekabine und dann noch an der Kasse elendslang wartete, um mit den erstandenen Trophäen Freundinnen zu Hause beeindrucken zu können. Gut, ich gebe zu, dass mir das Verhalten auch von mir und diversen Apple-Fans bekannt ist. Im Gegenteil, iPhone, iPad und MacBook Air lassen selbst einen eingefleischten Apple-Jünger nicht wunderbar duften.

Als wir nach 98 Minuten den Laden verließen, schilderte ich meiner Tochter und meiner Frau alle meine glorreichen kreativen Ideen, die mir im Geschäft gekommen waren. Und plötzlich war sich meine Tochter nicht mehr ganz sicher, dass die Anwesenheit meiner Person, also vor allem meiner Kreditkarte, die Peinlichkeit dieses kleinen Blogbeitrags wert war. Nur, jetzt ist es zu spät. Sie hofft zwar, dass keine ihrer Freundinnen diese Zeilen lesen wird, aber die Welt hat sich geändert. Früher vielleicht, aber jetzt sind wir doch alle auf Facebook!

Das ganze Leben ist Comedy: In der Rubrik Niko’s Welt beschreibt Stand-up Comedian Niko Formanek die verrückten und komischen Situationen mit denen er Tag für Tag konfrontiert wird. Situationen voller Humor und „Real Life“ Comedy.