unterhaltsamer GeschichtenDie Welle rollt. Ein neu-deutschen Begriff kündet von einer neuen Welt: Content-Marketing. Die klassische Werbung ist tot und so richtig tot ist sie in der Online-Welt. Wer Kunden, Fans und Partner begeistern will muss Geschichten erzählen. Und nicht mehr nur Geschichten, die für die LeserInnen „nur“ nützlich sind, nein, jetzt müssen sie auch unterhaltsam sein. Nur so kann man sich noch abheben.

Dass die Welle rollt und nicht mehr aufzuhalten ist merke ich auch an Gesprächen und Nachrichten von LeserInnen meines bescheidenen Blogs. Die fragen immer öfter: Wie schreibt man eigentlich unterhaltsame und fesselnde Geschichten? Kann man das lernen? Ist das ein Handwerk? Ja, kann man und ja, ist es.

Nachdem mir die Wünsche meiner LeserInnen Befehle sind, heute noch einmal ein Beitrag, in dem ich fünf Grundeigenschaften beschreibe, die jede Geschichte unterhaltsam und spannend machen. Für die, die diesen Blog regelmäßig lesen, sei gleich gesagt, dass die Infos dieses Beitrags nicht wirklich neu sind. Vielmehr ist es der Versuch einen kleinen Überblick zu schaffen, nachdem es bei inzwischen knapp 300 Beiträgen hier, nicht mehr ganz so leicht ist.

1. Unvereinbarkeit

Wir sind immer dann an Situationen und Geschichten interessiert, wenn Gedanken oder Handlungen mit der tatsächlichen beobachteten Situation unvereinbar scheinen. Beispiele:

  • Hitler als Unterwäschemodel
  • Aliens im Starbucks
  • METALLICA als Streichquartett bei einer Hochzeit

Warum solche Unvereinbarkeiten das Publikum interessieren und auch zum Lachen bringen beschreibt Freud als „Verschiebung“. Die Anfangsinformation der Geschichte oder des Witzes bringt das Publikum dazu bestimmte Erwartungen und Fragen zu haben, die dann durch die Aufklärung, oder die Pointe, durch eine völlig überraschende Auflösung abgelöst werden. In dem Moment, wo sich durch die Pointe die Spannung löst, wird gelacht.

Moderne Theorien sprechen lieber davon, dass das Publikum die Geschichte „meistert.“ Im Laufe der Geschichte oder des Witzes reist das Publikum von „Information“ zu „Verwirrung“ und dann zu „Verstehen“. In dem Moment wo es den berühmten „Aha“-Effekt hat, also die Pointe oder Geschichte verstanden hat, lacht es triumphierend.

Egal wie es schlussendlich funktioniert, als AutorInnen können wir die Unvereinbarkeit wunderbar nutzen, um Menschen in unsere Geschichten zu ziehen, sie zu überraschen und zu fesseln und dann auch noch zu unterhalten. Mit ein wenig Übung und ein paar Kreativ-Übungen kann jeder von uns in fast jeder Lebenssítuation Unvereinbarkeiten entdecken oder erfinden.

2. Überraschung

Das kennt jeder. Die Pointe eines Witzes ist beim zweiten mal nie mehr so lustig wie beim ersten mal. Warum? Klar, weil die Überraschung weg ist. Das Gleiche gilt für Filme und fast jede andere Form von Geschichte. Wie enttäuscht sind viele von uns, wenn bei jeder Wendung in einem Film schon vorher klar ist, was passieren wird? Um also das Publikum bei der Stange zu halten, muss es immer wieder überraschende Wendungen geben.

Am besten funktioniert das, wenn wir unser Publikum oder LeserInnen in Situationen versetzen, die sie gut kennen oder nachvollziehen können, diese aber zu völlig überraschenden Konsequenzen und Auflösungen führen. Die wirklich guten Geschichten überraschen uns in einer Welt, die bis zum entscheidenden Moment völlig normal und alltäglich wirkt, aber uns dann mit einer gekonnten Wendung den Teppich unter den Füßen wegzieht.

3. Wahrheit

Erzähle eine Geschichte, eine Anekdote oder einen Witz, der auf realen Erlebnissen und Wahrheiten basiert und schon ist das Publikum begeistert. Plötzlich würdigen LeserInnen nicht nur Witz, Stil und Wortgewandtheit, sondern auch die Cleverness mit der die Geschichte mit gelebter Realität verbunden wird.

Oft sind es die kleinen Schwierigkeiten, Hindernisse, Begegnungen und Verwerfungen, die uns alle täglich beschäftigen. Es sind keine großen Themen die versuchen weltbewegend zu wirken, nein, es sind die Dinge mit denen wir jeden Tag kämpfen müssen. Die kleinen Herausforderungen, die wir alle meistern müssen. Deshalb klingen sie dann in den Ohren und Köpfen unserer LeserInnen so unglaublich „wahr“.

Um „Wahrheit“ erfolgreich zu nutzen, wenn es darum geht Geschichten zu erzählen, müssen wir aber auch wissen welche Leben unser Publikum führt und womit sie täglich konfrontiert sind? Denn es gibt viele „Wahrheiten“. Dabei müssen wir auf die soziale Herkunft, Bildung, Allgemeinwissen, Sensibilitäten und vieles mehr achten. Beruhigend ist nur, dass trotz der vielen Unterschiede, bestimmte Themen immer universell bleiben. Familie, Liebe, Erfolg, Enttäuschungen, etc. Es verwundert also nicht, dass auf dieser Welt oft die selben Themen in immer wieder neuen Variationen erzählt werden. Aber die überraschende Variation zählt, die uns wieder einmal eine alte Wahrheit vor Augen hält.

4. Aggression

Oh ja, eine gefährlich Überschrift in politisch „so korrekten“ Zeiten wie heute. Und trotzdem. Gute Geschichten, Comedy, Witze und Humor sind ein wunderbares Ventil für Aggression. Wir können Angriffe, Spott und Hohn in unterhaltsame Verbalattacken und Artikel verpacken und können zu recht hoffen danach vom Angegriffenen nicht K.O. geschlagen zu werden.

Wen können und sollen wir angreifen? Ganz einfach. Alle die und alles was uns nervt, auf die Palme bringt und verzweifeln lässt. Eltern, PolitikerInnen, Regeln, Packungsbeschreibungen, Vorschriften, schlechte Angewohnheiten, Musik, Kinder, etc. Wir werfen uns in die Schlacht gegen all die Dinge, die die meisten von uns verrückt machen.

Und da liegt auch das Erfolgsgeheimnis von „Aggression“ in Geschichten und Unterhaltung. Wir sprechen aus, was sich die meisten im Publikum denken, was sie vielleicht sogar selber erlebt haben und worüber sie sich selbst ärgern. Wir sprechen es nicht nur aus, wir verpacken die Attacke und den Angriff auch noch in Humor und Pointen. Dafür lieben sie uns in dem Moment. Selbst wenn sie über uns oder eigentlich sogar über sich selbst lachen.

Wenn es also um unterhaltende Geschichten geht, ist eine gerütteltes Maß Aggression gar nicht schlecht. Und das Aggression nicht schlecht und falsch ist, kommt nur ganz selten vor.

5. Kürze

Je kürzer und klarer formuliert, desto besser. Jedes Wort zu viel verwässert, zieht hinaus und nervt. Wenn im Zweifel, weglassen oder streichen. Je weniger…. Schluss. Botschaft vermittelt.